Lycée Turenne: Zwölf Jahre Dornröschenschlaf reichen

Lycee Turenne

Schulraumnot der vier Campus-Schulen an der Schützenalle und ein Stopp des äußeren und inneren Verfalls des ungenutzten Westflügels eines der schönsten Gebäude der Stadt Freiburg veranlassen uns zu einer konzertierten Aktion unter dem Motto: Der Sanierungs-Stopp muss 2016 haushaltstechnisch beendet werden.

 

Inklusion lautet das Schlagwort, das seit Jahren durch die Gazetten geistert und nichts anderes bedeutet, dass auch in Deutschland endlich die UN- Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung umgesetzt werden. Ohne Ausnahme sind alle Schulformen von der Entwicklung zur inklusiven Schule betroffen, deren pädagogische Kernaussage im Wesentlichen das Prinzip der Wertschätzung der Diversität (Vielfalt) in der Bildung und Erziehung beinhaltet. Hierbei stellt die Heterogenität die Normalität dar. Damit das Bildungs- und Erziehungsbedürfnis aller Schülerinnen und Schüler zu befriedigen ist, erfordert es Schulen, die den Bedürfnissen ihrer Schülergesamtheit gewachsen sind. In einer inkludierten Schule gibt es keine zwei Gruppen von Schüler*innen mehr, sondern einfach Kinder und Jugendliche, die die Schülergesamtheit darstellen, jedoch mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Die etablierte Unterscheidung von Jugendlichen „mit sonderpädagogischem Förderbedarf“ und „ohne sonderpädagogischen Förderbedarf“ hat in der inklusiven Pädagogik keinen Platz mehr. Ziel ist es, allen Schüler*innen eine selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, ohne Hinterfragungen.
Hierzu bedarf es neben einer „neuen“ Pädagogik vor allen eins, Schulraum.
„Cluster“ lautet das Schlüsselwort, flexible Großräume, in denen alles möglich ist: hier Frontalunterricht, dort Gruppenarbeit und dies in Theorie und Praxis. Frei zugängliche Medienräume in denen sich Schüler*innen alleine beschäftigen können um Präsentationen vorzubereiten, Multifunktionsräume für Präsentationen, Musik- und Theateraufführungen. Nutzbare Nischen und Ecken, Bibliotheken und Mediatheken sind für inkludiert geführte Schulen unabdingbar. Intelligente Nutzungsüberlagerungen ermöglichen mit der Ressource Raum sparsam umzugehen. Mensen oder Cafeterien mit hochwertiger, nach biologischen Prinzipien angebotener Verpflegung vollenden das Angebot. Das alles gibt es nicht, oder nur bedingt an den vier „Campus-Schulen“ an der Schützenallee, die da wären: Emil-Thoma Grund- und Realschule, Richard Mittermaier Schule und das Walter- Eucken Gymnasium, als Vertreterin der beruflichen Schulen. Alle vier Schulen sehen sich einer inkludierten Schule verpflichtet und praktizieren dieses auch teilweise schon im Rahmen ihrer derzeit eingeschränkten Möglichkeiten untereinander.
Drei der vier Schulen haben steigende Schülerzahlen und damit Raumnot. Durch die Nutzung der Stadthalle als Flüchtlingsunterkunft ist mit einem nochmaligen Anstieg der Schülerzahlen an den Schützenallee- Campus- Schulen zu rechnen. Ein weiterer Leerstand ist weder den betroffenen Schulen, deren Schüler noch deren Eltern zu erklären. Ende 2009 hieß es, dass das Walter- Eucken-Gymnasium den Westflügel bekommen soll und nicht, wie bis dato geplant, die Musikschule. 2011/12 kam die Botschaft, dass mit der Umsetzungs- Planung begonnen wird, da die dazu vorhandenen Grundlageplanungen noch in der Schublade gewesen wären. Schöne Botschaften, allerdings ohne Haushaltsbezug 2013/14 und damit ohne Umsetzungschancen.

Schön warm ist es, wenn man den Sanierungsfall „Westflügel“ des Lycée- Turenne Gebäudes und die alte Turnhalle in diesen winterlichen Tagen betritt. Obwohl nur einige Tische und Stühle und Gerümpel in den sonst leeren Räumen stehen, wird geheizt. Das Amt für Gebäudemanagement der Stadt Freiburg hat den Auftrag, dafür zu sorgen, dass weder Nässe eindringt noch es zu Frostschäden kommen kann. Die Kosten für diesen „kleinen“ Bauunterhalt beliefen sich in den letzten 12 Jahren im Schnitt auf ca.10.000 € pro Jahr und damit zu einer bisherigen Gesamtsumme von ca.120.000 Euro. Diese Summe gilt nur für den Erhalt des Inneren des Gebäudes. Nicht eingerechnet sind die Kosten, der durch Witterungseinflüsse fortschreitenden Zunahme der Schäden im Bereich der Putz- und Naturwerksteinfassaden sowie das Entfernen der unzureichend befestigten Zierelemente von den Giebeln.
Seitens der Stadt spricht man von einem „notwendigen Irrsinn“, wir vom Bürgerverein sprechen von einem „Irrsinn“ der schnellstmöglich beendet werden muss, in dem im Jahr 2016 die notwendigen Sanierungsgelder in den kommenden Haushalt eingestellt werden. Sicherlich ist die letzte Kostenschätzung aus dem Jahr 2004 von ca. 6,3 Mio. Euro nicht mehr aktuell. Bau- Bürgermeister Dr. Haag gab in einem Antwortschreiben auf eine interfraktionelle Anfrage der Fraktionen B`90/Die Grünen-CDU-SPD-Freie Wähler- Unabhängige Listen (UL) und Freiburg Lebenswert/Für Freiburg (FL/FF) vom 7. Mai 2015 eine aktuelle Kostenschätzung für den Westflügel von 10 Mio. € an. Für die Sanierung der einmaligen Turnhalle aus der Gründerzeit wurden nochmals 4 Mio. € veranschlagt.
Eine Menge Geld, das sehen wir vom Bürgerverein genauso, wie viele andere auch. Zum Unterschied jedoch von vielen anderen öffentlichen Schulen, die ebenfalls in einem Sanierungs-Stau stecken, handelt es sich beim Westflügel des Lycèe- Turenne Gebäudes um ein leerstehendes Gebäude mit hohen laufenden Unterhaltskosten, die außer der Tatsache, dass damit verhindert wird, dass das Gebäude noch maroder wird als es ist, ohne weiteren Nutzen. Das kann niemand befriedigen und ist zudem finanztechnisch ein Schildbürgerstreich ersten Ranges. Hier appelliert der Bürgerverein an die Vernunft aller Entscheidungsträger.
Unter unserem mittlerweile fast 20 jährigen Motto, -mitdenken-mitreden- mithandeln werden wir zusammen mit den beteiligten Schulen ab Mitte Januar noch einmal einen runden Tisch „pro Lycée-Turenne“ einrichten, mit dem Ziel, weitere überzeugende Argumente vorzulegen, um damit 2016 die Haushaltsweichen Richtung Sanierung zu stellen.