Gewöhnlicher Weise befassen wir uns bei unseren Titelgeschichten mit gesellschaftspolitischen-, verkehrsplanerischen- oder bautechnischen Themen. Titelgeschichten mit Naturschutzbezug gab es in den letzten Jahren keine, obwohl wir seit 2006 mit den im „Landschaftsschutzgebiet Roßkopf- Schloßberg“ integrierten Hirzbergwiesen über eine beispielgebende Kulturlandschaft in unserem Stadtbezirk verfügen.
Wie schon kurz in der Juni Ausgabe unseres Bürgerblatts berichtet, fand auf unsere Initiative hin im Mai dieses Jahres am Hirzberg ein „Vor-Ort-Termin“ mit Vertretern des Umweltschutzamtes, Liegenschaftsamtes und des Garten- und Tiefbauamtes statt. Thema dieses Treffens waren Fragen des Naturschutzes an Ort und Stelle zu besprechen, denn seit der Bebauung des Kartaus-Geländes mit Schüler- und Lehrerhäuser des United World College (UWC) sind die Hirzbergwiesen hierfür ausgewiesene Ausgleichsflächen mit einem besonderen Schutzstandard. In einem Gemeinderatsbeschluss von 2010 wurden folgende Ausgleichsmaßnahmen festgelegt: Am unteren Ende der Hirzbergwiesen, unmittelbar oberhalb des Campingplatzes ist eine Streuobstwiese anzulegen, auf den freien Flächen ist das Wuchern der Brombeerbüsche zu verhindern und am oberen Waldrand-Ende die rasante Verbreitung der vom oberen herunterwachsenden Robinien zu stoppen. Eine Ökotypensaat, auch Heudrusch genannt, sollte ausgebracht werden, damit wieder eine blumenreiche Wiese wachsen kann. Um die Offenhaltung der Wiesen zu erleichtern, verpachtete die Stadt die Hirzbergwiesen an einen Kappler Schäfer. Da Schafe dorniges Buschwerk meiden, Ziegen dieses jedoch durchaus zu schätzen wissen, werden die Kappler Schafe noch von einigen Ebneter Ziegen begleitet. Des Weiteren wurde der Bau einer Ansitzwarte für Greifvögel vereinbart. Soweit die Festlegungen des Gemeinderats.
Was wir dieses Jahr vorfanden, war im Vergleich zu den Vorjahren durchaus erfreulich. Am obersten Waldrand wurden die Robinien (auch „Falsche Akazien“ genannt) gerodet und damit stark zurückgedrängt. Diese Baumart wurde ursprünglich zur Gewinnung von Rebstecken und als Bienenweide aus Nordamerika hier eingebracht, breitete sich jedoch als invasiver Neophyt, – als eine die heimischen Arten des Ökosystems verdrängende Art- stark aus und verändert die ursprüngliche Vegetation des Waldbodens. Die Robinie ist in der Lage, den Stickstoff aus der Luft in Mineralstickstoff zu verwandeln und den Boden zu düngen, was wiederum ein idealer Nährboden vor allem für Brennnesseln und Holunderbüsche ergibt.
Das Roden des Robinienbestand und das Einbringen des Heudruschs war derart erfolgreich, dass das Umweltschutzamt den Hirzbergwiesen einen FFH-Standard (Flora-Fauna-Habit Gebiet) attestieren konnte. Das bedeutet, dass das Ziel unseres vor Jahren gestarteten Einsatzes zum Erhalt dieser „Berg-Mäh-Wiese“ als typische artenreiche „magere“ Wiese gelungen ist. Schön zu sehen ist dies an dem artenreichen Bewuchs durch Wildblumen wie der weißen Margeriten, dem gelben Flügelginster, – im Schwarzwald „Ramsele“ genannt -, der blauen Kreuzblume, dem violett-blau blühenden Wiesenstorchschnabel, der violett-lila blühenden Witwenblume und dem dunkelblauen Wiesensalbei.
Zu bemängeln war lediglich das nachwachsen von einigen Robinien und Brombeergebüschen mitten in der Wiese. Man sicherte uns zu, diese im Laufe des Jahres zu entfernen, wobei gegen eine Randbewachsung von Unterholz nichts einzuwenden ist, denn dieses bietet wiederum Unterschlupf, Brutplatz und Nahrung für Vögel und Kleinsäuger.
Als positive Begleiterscheinung des FFH- Standards ist die im Naturschutzgesetz festgelegte Sanktionierung bei einer Zerstörung von FFH- Lebensräumen zu registrieren. Desweitern gilt ein Verschlechterungsverbot nach § 33 Bundesnaturschutzgesetz, so dass wir zuversichtlich sind, dass dieses „Naturschutz-Juwel“ zumindest mittelfristig in dem jetzigen Zustand erhalten bleiben kann. Das dieses jedoch kein „Selbstläufer“ ist, sondern stetiger hartnäckiger Vorsprache bei den zuständigen städtischen Ämtern bedarf, ist uns bewusst. Mit Dr. Karl-Ernst Friederich, dem langjährigen früheren Bürgervereins-Vorsitzenden haben wir nicht nur diese „hartnäckige“, immer wieder auf Missstände und Schwachstellen hinweisende Person, sondern in Personalunion auch noch einen ausgewiesenen Naturschutzexperten, auf dessen Rat wir uns stützen können. Er hat dafür gesorgt, dass wir auf unserem Terrain ein „Wiesen-Juwel“ haben, das mit seinem FFH-Standard leider eine Ausnahme im Landschaftsschutzgebiet Rosskopf darstellt. Laufen Sie einmal den Weg rechts (von unten betrachtet) neben dem Campingplatz hoch, vorbei am ausgebauten Bauwagen der „Waldwichtel“ bis zum Burghalden-Ring oberhalb des Hirzberg-Kreuzes. Sie sehen auf eine blühende Hirzbergwiese, auf unseren wunderbaren Stadtteil Oberwiehre-Waldsee und haben zudem noch etwas für ihre Fitness getan.
Hans Lehmann, BV