Die Kirnerstraße im Stadtteil Waldsee – Wer war Kirner?

Johann Baptist Kirner (1806 – 1866), jüngster Sohn eines Furtwanger Schuhmachers, war ein Genremaler in der Biedermeierzeit, dessen zeichnerisches Talent schon in den ersten Schuljahren Beachtung fand.

Er sollte auch Schuhmacher werden, deshalb schickte ihn sein Vater nach Freiburg in die Lehre. Dem um zwölf Jahre älteren Bruder Lukas, bereits ein erfolgreicher Porträtmaler in Augsburg, gelang es aber, dem Vater das Einverständnis für die Anmeldung des 16-Jährigen an der Augsburger Kunstschule abzuringen. Johann Baptist beendete das zweijährige Studium mit großem Erfolg, was ihm 1824 die Fortsetzung seines Kunststudiums an der Königlich Bayrischen Akademie der bildenden Künste in München ermöglichte. Mit mehreren Auszeichnungen ging er fünf Jahre später als freischaffender Maler zurück in seinen Heimatort Furtwangen. Er skizzierte fast alles was er sah: Strohflechterinnen, spielende Kinder, bäuerliche, handwerkliche, hauswirtschaftliche Arbeit. 1831 entstand aus persönlichem Erleben das farbenfrohe Gemälde: „Ein Schweizer Gardist erzählt seinen Landsleuten die Erlebnisse von der Juli-Revolution 1830“. Es zählt zur besten deutschen Genremalerei der damaligen Zeit und trug entscheidend dazu bei, dass der Name des noch jungen Künstlers weit über die Grenzen seiner Heimat bekannt wurde. Großherzog Leopold von Baden gewährte daraufhin dem jungen Maler ein Stipendium für einen längeren Studienaufenthalt in Rom. Dort teilte er ab 1832 das Atelier mit seinem Freund Franz Xaver Winterhalter aus Menzenschwand. Nach fünf Jahren verließ Kirner die römische Künstlerszene und reiste 1837 mit Zwischenaufenthalten in Venedig, Wien und München zurück nach Hause. 1839 war er wieder im Schwarzwald und im Hotzenwald mit seinen Skizzenbüchern unterwegs, wo das figurenreiche Gemälde: „Die Preisverteilung des landwirtschaftlichen Vereins in einer Hotzenwälder Bauernstube“ entstand. Großherzog Leopold war davon so beeindruckt, dass er das Gemälde auf der Kunstausstellung in Karlsruhe erwarb und am ihn zum Großherzoglichen Hofmaler ernannte. Dazu gehörte auch der obligatorische Umzug in die Residenzstadt. 1844 wurde ihm Urlaub zu seiner Künstlergemeinschaft nach München genehmigt. Dort entstanden die meisten seiner Hauptwerke, von denen Kirner alle zwei Jahre ein Pflichtbild an den großherzoglichen Hof abliefern musste.
Nach Ausbruch der Unruhen in seiner badischen Heimat zog es ihn in den Schwarzwald zurück, er wollte sich ein eigenes Bild von den Ereignissen machen. Jede Begegnung mit Freischärlern verarbeitete er in seinen Bildern. Der unpolitische, lebensfrohe Künstler, dessen Sympathie den einfachen Leuten gehörte, galt allgemein als gern gesehener Landsmann. Während der Revolutionsjahre vermied Kirner jeglichen Kontakt zum badischen Hof.
Seine Darstellungen des Alltagslebens und die von ihm gemalten Ereignisse der Revolution werden heute als wertvolle Zeitdokumente angesehen.

Anmerkung der Redaktion: Der Autor ist Urgroßneffe des Malers und für Rückfragen unter guido.staeb@t-online.de zu erreichen.