Interview mit Polizeipräsident a. D. Bernhard Rotzinger zur Sicherheit in Freiburg

Bernhard Rotzinger vier Tage nach seiner Zurruhesetzung | Foto: Lehmann

BBL: Trotz sich verbessernden Zahlen ist Freiburg laut Kriminalitätsstatistik 2018 noch immer „Kriminalitätshauptstadt“ Baden-Württembergs. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?

Bernhard Rotzinger (BR): Freiburg ist auf Grund seiner grenznahen Lage und den zahlreichen Einpendlern mit einem sehr großen Einzugsgebiet in der Straftaten-Häufigkeitsstatistik tatsächlich auf Platz 1 in Baden-Württemberg. Hierbei trüben jedoch die Diebstahl/Betrugsfälle die Statistik. Bei den Schwerverbrechen sieht es für Freiburg deutlich besser aus. Klar ist, dass solche Statistikmeldungen den Bürgern Sorgen machen, ich sehe aber die Entwicklung der Sicherheitslage in Freiburg auf einem sehr guten Weg.

BBL: Schwere Verbrechen haben in den letzten Jahren das Image von Freiburg in Sachen urbaner Stadtsicherheit schwer geschädigt. Ist die hierdurch entstandene Sicherheitspartnerschaft zwischen Land und Stadt inzwischen wirksam?

BR: Ja, basierend auf dem Basisjahr 2016 ist ein Rückgang der Gewaltkriminalität von 16 % zu verzeichnen, in der Altstadt sogar um 30%. Sorgen bereiten jedoch die Wohnungseinbrüche, wobei aus dem Gebiet des Bürgervereins Oberwiehre-Waldsee ein Rückgang in der Oberau feststellbar ist, leider jedoch nicht im Waldsee und in der Oberwiehre. Zur Wohnungseinbruchbekämpfung haben wir die Ermittlungsgruppen nochmal aufgestockt und fokussiert, so dass auch hier Hoffnung auf Besserung besteht.

BBL: Kann durch die Sicherheitspartnerschaft die Lage z. B am Stühlinger Kirchplatz oder rund um den Colombi-Park verbessert werden?

BR: Der Stühlinger Kirchplatz ist ein Drogenumschlagplatz in unmittelbarer Bahnhofsnähe, der wegen immer raffinierter und arbeitsteilig vorgehender Dealer sehr schwer kontrollierbar ist. Die vermehrten Kontrollen zeigen zwar Wirkung, aber so, wie wir Händler festnehmen, kommen weitere nach. Beim Colombi-Park wird die geplante Umgestaltung eine nachhaltige Verbesserung bringen. Ich freue mich persönlich auf ein sehr schönes Stück Freiburg.

BBL: Die Polizei ist eine Landesbehörde. Ist die Polizei alleine für die kommunale Sicherheit in Städten wie Freiburg verantwortlich?

BR: Nein, die Polizei ist keinesfalls für die öffentliche Sicherheit in der Stadt alleinverantwortlich. Das haben Sie in unserem Gespräch hervorragend herausgearbeitet. Ziel muss es sein, allen Beteiligten ihre Rollen wieder deutlicher zu machen und vor allem muss es gelingen die Bürger*innen aktiv ins Geschehen mit einzubeziehen.

BBL: Eine Ihrer wichtigsten Aussagen der letzten Jahre war: „Wir stellen uns den Fragen der Bürger“. Wie soll dies konkret geschehen?

BR: Die Polizei führt aktuell die Veranstaltungsreihe „Partnerschaft sicherer Alltag“ durch Vorträge, moderierte Bürgerdialoge und ein Marktplatz mit Präventionsvorträgen sollen das Sicherheitsgefühl durch Angstraum-Lokalisierungen und „Feedback“ Meldungen aus der Bevölkerung erhöhen und sehr zielgerichtete Maßnahmen ermöglichen. Im Juni, Juli wird der Freiburger Osten in den Fokus rücken.

BBL: Zum Schluss etwas persönliches. Nach 42 Jahren im Dienst sind Sie ab dem 1. April 2019 Zivilist. Wie gestalten Sie Ihren Alltag ohne „Ihre“ Polizei?

BR: Die ersten Tage als Pensionär habe ich schon sehr genossen. Ich habe jedoch vor, mich an anderer Stelle zum Wohl der Gemeinschaft einzusetzen und wenn der Souverän das möchte, würde ich nach dem 26. Mai gerne im Gemeinderat mitarbeiten.

BBL: Ihr Anliegen möge von Erfolg gekrönt sein. Das Gespräch mit Ihnen war wohltuend offen, sachorientiert und erkenntnisreich. Viel Glück für Ihren Zukunftswunsch.

Das Gespräch führte Hans Lehmann, BV-Vorsitzender