Das Ende eines Dornröschenschlafes naht

Dass der Meierhof auf dem Kartausgelände als letztes Bauernhaus seiner Art in Freiburg durch den Kauf der Meierhof GbR vom schon beschlossenen Abriss bewahrt wurde, haben wir schon mehrfach berichtet. Baufreigabeprobleme verzögerten jedoch den Beginn der Sanierung. Seit Februar dieses Jahres hat sie nun begonnen, das Ende ist für Februar 2020 geplant.

Schöne neue Welt:
3 D Animation der Zukunft | Quelle: Meierhof GbR
Derzeitige Umbau- Realität | Foto: Lehmann

Es ist schon unglaublich, was Baugutachten alles bewirken könnten, wenn man sie gutgläubig für bare Münze nimmt. Die Aussagen eines renommierten Freiburger Architekturbüros hätten 2015 in Zusammenarbeit mit Vertreter*innen der Tragwerksplanung, der Vermessungstechnik, der Bau-, Schadstoff- und Mineralogie-Forschung dazu geführt, dass das historisch einmalige Bauernhaus auf dem Kartausgelände der Spitzhacke zum Opfer gefallen wäre. Das Ergebnis des Gutachtens war nämlich vernichtend. Kurze Auszüge daraus: Die Mauern im Innen- und besonders im Außenbereich sind sehr stark Salz- und Wasser-belastet. Der Dachstuhl ist insgesamt stark verformt, hat noch wenig historische Substanz, leidet unter aktivem Anobienbefall [Anobien sind Nagekäfer, im Volksmund Holzwurm genannt], hat durch Fäulnis kritische Restquerschnitte erreicht und wurde teils durch unsachgemäß eingebaute Fehlhölzer teilsaniert. Der gesamte Hausmittelteil wurde als mit starken Schäden, die West-Stallerweiterung und der Ost-Hausteil als mit mittleren Schäden beziffert. Alles zusammen durch Fotos und Pläne aufwändig dokumentiert.

Wir hatten Ende 2014 die Gelegenheit, das als Meierhof benannte Bauernhaus in Augenschein zu nehmen. Als wir ein halbes Jahr später im Juli 2015 das soeben in Auszügen dargelegte Gutachten „zugespielt“ bekamen, erkannten wir sofort, dass hier Gutachten und Wirklichkeit nicht deckungsgleich sind. Der Vorstand des Bürgervereins beschloss, den als „Erhaltungssanierer“ bekannte Willi Sutter mit seiner sutter³KG einzuschalten. Mit Genugtuung konnten wir feststellen, dass von dieser Seite bereits selbst Interesse bestand, das Gebäude vor dem Abriss zu bewahren. Bis zum Erwerb des Gebäudes durch die sutter³KG im Oktober bestand ein stetiger Austausch mit dem Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee, so dass wir im November 2017 vermelden konnten, „der Meierhof auf dem Kartaus-Gelände ist definitiv gerettet“. (www.:oberwiehre-waldsee.de/Bürgerblatt/Ausgaben/Ausgabe 240-November 2017).

Die aus der sutter³KG herausgelöste Meierhof GbR mit den vier gleichberechtigten Geschäftsführern Willi Sutter, Axel Bürk, Oliver Hug und Daniel Steiger investiert ca. 2,8 Mio Euro in die Sanierung, wobei auch viel Eigenleistung erbracht wird. Nach der Fertigstellung werden 1150 m² Wohnfläche mit zwölf Wohnungen von 80 – 115 m² zur Verfügung stehen, zehn davon werden dem UWC-College als Lehrerwohnungen vermietet, die restlichen beiden auf dem freien Markt.

Schon jetzt ist zu erkennen, um welch Gebäudejuwel es sich handelt. Aber es bleibt noch einiges zu tun. Insgesamt ca. 150 Tonnen Beton für die Bodenplatte, Decken und Wände, ca. 100 Tonnen Kies und ca. 25 Tonnen Stahl stehen in den Planvorgaben. Eine teilweise schon eingezogene zweite Holzstatik-Struktur ergänzt das erstaunlich gut erhaltene Holzständerwerk, wobei das partiell durch Schädlinge befallene Holz ausgetauscht wird. Eine besondere Herausforderung stellte der Hangwasserstrom dar. In einer konzertierten Aktion zwischen Bodengutachter, Statiker, Maurer, Architekten und Bauleitung wurde das Abfangen des Wasserstromes durch eine neu eingebrachte Drainage und durch Unterbetonieren der Hangwände erreicht.

von links: Axel Bürk als Gesamtverantwortlicher mit dem „Chef vor Ort“, Bauleiter Carsten Albert (beide sutter³] | Foto: Lehmann

Die 3D-Animation vermittelt durch die Software ein nicht ganz zutreffendes Bild. Der Denkmalcharakter wird in Wirklichkeit wesentlich klarer zu sehen sein. Die alten Biberschwanzziegel, die Hangstütz- und Grundstücksmauern, die Nebengebäude und die beiden großen Bäume im Westbereich (Platane und Roteiche), alle und alles wird erhalten. Notwendige Veränderungen, um alle Wohnungen mit genügend Licht und Zugangsmöglichkeiten zu versorgen, werden mit Bedacht vorgenommen. Innendämmungen werden an Dach, Wänden und Bodenplatte angebracht, die Südseite erhält eine moderne Pfosten-Riegel-Glas Fassade. Das Dachgeschoss bekommt an der Nordseite (von der Straße nicht einsehbar) einen neuen Zugang mit großer Haube.

Ein bisschen Stolz sind wir schon, dass durch unser zähes Mitkämpfen um den Erhalt des Meierhofs dieses Gebäude vor einer auf „Reset“ gesetzten hoffnungsreichen Zukunft steht.

Hans Lehmann, BV