Tiere und Pflanzen erkunden in einem festgelegten Bereich ist die Zielsetzung des jährlich stattfindenden Tags der Artenvielfalt. Angesprochen waren alle, die sich für die Natur interessieren, insbesondere jedoch Familien mit Kindern. Treffpunkt der diesjährigen Veranstaltung war die Sandfangbrücke über die Dreisam in unserem Stadtteil.
Zum dritten Mal nach 2005 und 2009 haben Ralf Hufnagel von der Ökostation und die übrigen Akteure den Tag der Artenvielfalt an den Sandfang gelegt; einmal, weil die Stelle gut erreichbar ist, zum andern, weil sie mit renaturierter Dreisam, den angrenzenden Wäldern und Wiesen sowie dem Klostergarten der Kartaus eine Fülle unterschiedlicher Lebensräume bietet. Der Storch, der zu Beginn über den Sandfang geflogen ist, war ein gutes Omen für diesen Tag. Edmund Hensle von der Arbeitsgemeinschaft Fledermaussachutz begrüßte die Teilnehmer, die Jagdhorngruppe Dreisamtal gab den musikalischen Rahmen. Das Ökomobil des Regierungspräsidiums, die Jäger und Förster, der Naturschutzbund Deutschland mit der Naturschutzjugend, das Umweltschutzamt und die Freiburger Bachpaten informierten über ihre Tätigkeit; rund 150 Passanten wurden dadurch erreicht. Dazu kamen 20 Exkursionen mit ungefähr 300 Teilnehmern, schon am Vorabend im
Möslepark zu den Fledermäusen und Nachtfaltern, am Sonntag dann zur Dreisam, in den Klostergarten und zu den Magerwiesen des Hirzbergs. Besonderen Anklang fand die Kleinlebewelt unter dem Mikroskop, besonders schweißtreibend war die Exkursion zum Hirzberg, die von unserem Vorstandsmitglied Karl-Ernst Friederich begleitet wurde.
K.-E. Friederich, BV
Bürgervereins-Exkursions-Beitrag : Die Dreisam im neuen Bett
Der Begleitflyer kündigte an: 11.30 – 12.30 Uhr: Lothar Mülhaupt, Bürgerverein Oberwiehre- Waldsee leitet eine Exkursion zum Thema: Die Dreisam in neuen Bett. Unterstützt wurde er hierbei durch die stellvertretende BV-Vorsitzende Constanze Fetzner. Die Exkursionsteilnehmer erfuhren die Hintergründe, warum sich der Bürgerverein so vehement dafür einsetzte, dass die Dreisam zwischen dem Ottiliensteg und der Sandfangbrücke aus seinem Kanal-Korsett befreit wurde und wieder zurück in die Form eines frei fließenden Gebirgsflusses „renaturiert“ wurde.
Die Dreisam ist ein Fluss mit einer bewegten Vergangenheit. Jahrtausendelang floss sie unbeeindruckt vom Menschen durch ihr Tal, die Jahreszeiten und die Klimaschwankungen gaben die Wassermenge vor, die ihr von den umliegenden Schwarzwaldbergen zufloss. Die stark wechselnden Pegelstände hatten Auswirkungen auf Mensch und Natur. Das Flussbett suchte sich gelegentlich über Nacht einen neuen Lauf. Häuser und Brücken wurden weggerissen, Fische fanden sich auf dem Trockenen wieder und Richtung Rheinebene gab es Sümpfe, die Malaria verbreiteten.1817 hatte der Badische Hofbaumeister Gottfried Tulla Gelegenheit, seine ingenieurstechnischen Erfahrungen aus der Rheinregulierung auch auf die Dreisam zu übertragen. Die Kanalisierung des gesamten Flusslaufes startete bei Kirchzarten und führte nach Riegel. Ab etwa 1842 floss sie dann – vereinigt mit der Elz – durch den Leopoldskanal in den Rhein. Die nun stark erhöhte Fließgeschwindigkeit förderte das mit Wasserkraft betriebene Gewerbe in Freiburg, aber die Hochwassergefahr bestand weiterhin. Große Wehre und Querschwellen am Grund sollten helfen, aber für Wanderfische wie Lachs und Aal, und auch für Kleintiere und Amphibien war der Fluss nun nicht mehr durchgängig. Auch der jetzt stark erhöhte Geröllabraum, den der Fluss vom Oberlauf her mit sich führte, musste regelmäßig aufwändig entfernt werden. 2011 reifte dann beim Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee der Gedanke, durch eine Renaturierung des Flusslaufs Mensch und Natur wieder zu vereinen. Die zuständige Behörde, das Regierungspräsidium Freiburg, stand durch die Europäische Wasserrahmen-Richtlinie unter Druck, die Gewässersituation zu verbessern und nahm unsere Vorarbeit dankbar auf. Etliche „Runde Tische“, initiiert vom Arbeitskreis Dreisam des Bürgervereins, brachten Naturschutzverbände, Fischerei, Jugendherberge, Jugendbüro und einige mehr zusammen. Nach intensiven Gesprächen war ein grundlegendes Konzept entstanden.
Allein, für die Umsetzung fehlte das Geld. Da meldete die Deutsche Bahn Interesse am Projekt an. Wegen des Gleisneubaus im Rheintal suchte sie nach einer geeigneten Ausgleichsmaßnahme. Die Verantwortlichen wurden sich einig und die Umsetzung begann. Die Arbeiten mussten naturverträglich terminiert werden, es galt, die Schonzeiten der Vögel und Fische zu beachten und auch der Wasserstand musste passen. Ziel war es, Ökologie und Naherholung unter einen Hut zu bringen, eigentlich zwei Antagonisten. Zuerst musste der Hochwasserschutz gewährleistet werden. Das Südufer wurde deshalb erhöht und das Nordufer als mögliches Überschwemmungsgebiet abgeflacht. Dann sollten das westliche und das östliche Ende des fast tausend Meter langen Gebiets für die Menschen konzipiert werden, der mittlere Bereich aber schlechter zugänglich gestaltet als ökologischer Schutzraum dienen. Dies gelang durch dichte Bepflanzung mit heimischen Büschen bis ans Wasser heran, ergänzt durch Steinhaufen für Eidechsen und verankerte Wurzelstöcke im Wasser als Fischunterstände. Überhaupt liegt der Großteil der ökologischen Verbesserung wohl unter Wasser, im direkten Uferbereich und auf den Kiesinseln. Die unterschiedlichen Strömungen, Flachwasserzonen, Stromschnellen, Gumpen, Gegenstrom und Geschiebe, Sand und Kies bilden ein natürliches Biotop für Insekten, Fische, Amphibien und Vögel. An ruhigen Tagen kann man das alles direkt beobachten und man darf auf die weitere Entwicklung der Biodiversität gespannt sein. Aktionen, wie „Freiburg packt an“, die von uns jedes Frühjahr organisiert werden, sorgen auch hier für ökologisches Bewusstsein und Verantwortung. Da uns vom Bürgerverein „Artenvielfalt“ in jeder Hinsicht ein Anliegen ist freuen wir uns sehr, wie vielfältig die Nutzung geworden ist. Bänke, Badestellen, getrennte Rad- und Fußwege, ein „Strand“ für Kleinkinder, Sonnen- und Schattenplätze und im neuen Kiesbett auch Grillmöglichkeiten bieten jetzt allen Altersgruppen ein Plätzchen.
Constanze Fetzner und Lothar Mülhaupt, BV