Mittendrin und doch am Rand: die Knopfhäuslesiedlung

Foto: Otto Fetzner
Foto: Otto Fetzner

Die Knopfhäuslesiedlung im Herzen der Oberwiehre sieht ihrem 150. Geburtstag entgegen und tatsächlich stehen die Gebäude noch fast so da wie damals. Um 1870 baute der Knopffabrikant Jeremias Risler die Arbeitersiedlung als eines der ersten Projekte sozialen Wohnungsbaus in Freiburg. Das war damals eine Pioniertat, bei einer Wohnfläche von 50 Quadratmetern war da eine ganze Familie untergebracht.

Jede Wohnung glich einem kleinen Haus mit Garten und war hell und bezahlbar. Heute ist die Bausubstanz durchgehend marode, Elektrik und Sanitäranlagen entsprechen dem Standard von damals und saniert wurde nur in dringenden Fällen bei Auszug eines Mieters, sagt Ralf Klausmann, Geschäftsführer der Freiburger Stadtbau. Es blieb immer Flickwerk. Nicht nur einmal wurde über den Abriss der Siedlung diskutiert, rational spräche einiges dafür, aber es formierte sich heftiger Widerstand und so steht die gesamte Anlage seit 1983 unter Denkmalschutz und ist seit 1988 sogar Kulturdenkmal des Landesdenkmalamtes mit herausragender Bedeutung. Für uns im Stadtteil sind die Knopfhäusle sichtbare Zeitgeschichte und es gilt, den so dringend benötigten subventionierten Wohnraum für die Unterbringung bedürftiger Menschen zu erhalten. Die Stadt als Eigentümerin in Form der Freiburger Stadtimmobilien GmbH (FSI) hat das erkannt und will für das Projekt einen externen Experten für Altbausanierung beauftragen, der sich durch das Dickicht der Zuschussrichtlinien kämpfen soll. Ein Gesamtkonzept für die ca. 100 Wohnungen soll entwickelt werden, das die Sanierung in Bezug auf Erhalt der Bausubstanz, Wärmeschutz, Einbau von Heizungen, Duschen und neuer brandschutzsicherer Elektrik, beinhaltet. Es soll nicht an einen Investor übergeben werden, was viele Mieter befürchten. Sie ängstigt eine mögliche Verdrängung durch steigende Mieten und der Verlust ihrer einzigartigen Lebensqualität. Deshalb soll der Sanierungsrahmen ausdrücklich die volle Förderfähigkeit im Rahmen von ALG 2 (Hartz IV) erhalten und so die soziale Struktur vor Ort erhalten. Wo aber soll das viele Geld herkommen um diese soziale Aufgabe zu erfüllen? Seit Jahren bemüht sich die Stadt um Fördergelder – die sie auch bekommt, aber bisher immer für andere Projekte. Die geschätzten Sanierungskosten belaufen sich auf 4,25 Mio. Euro. Davon entfallen auf die Stadt 1,7 Mio.Euro. Über die Städtebauförderung des Landes wurden 2,55 Mio. Euro beantragt. Die Hoffnungen gingen verloren als für 2016 wieder eine Absage kam. Um so größer die Freude in der Stadtverwaltung als im März dieses Jahres ein Betrag von 0,5 Mio. Euro zugesagt wurde. Das Geld wird voraussichtlich über das Denkmalschutzprogramm der Bund-Länder-Förderung (60%) kommen. Über den zusätzlichen städtischen Anteil (40%) entscheidet der Gemeinderat. Damit kann die vorbereitende Untersuchung (VU) in Auftrag gegeben werden um die städtebaulichen und sozialen Umstände zu analysieren. Nach Einschätzung der Stadtverwaltung werden die Ergebnisse der VU frühestens Ende dieses Jahres vorliegen. Auf dieser Basis werden die Ziele festgelegt und voraussichtlich ein Sanierungsträger beauftragt. Das wird schätzungsweise im Frühjahr 2018 der Fall sein. In der Regel wird dann ein Sanierungsbeirat mit Akteuren vor Ort (z.B. dem Bürgerverein und dem Mieterbeirat) und kommunalpolitischen Vertretern gebildet. Danach kann die „eigentliche Arbeit“ beginnen. Bei diesen Aussichten ist der 150. Geburtstag auf einmal ganz nah.

Constanze Fetzner, BV