Aus Freiburgs Archiven
Andreas Thoman (nicht Thoma, wie im August irrtümlich angegeben) hatte 1801 das Gut St. Ottilien auf zwölf Jahre für jährlich 400 Gulden (fl) von der Stadt Freiburg gepachtet, kam damit aber bei weitem nicht auf seine Kosten; seine Bitte auf Pachtermäßigung hat die Stadt abgelehnt, worauf er sich 1804 an die vorderösterreichische Regierung wandte. Diese bat die Stadt um Stellungnahme, die schon nach sechs Tagen, also viel schneller als heutzutage, erfolgte: § 4 des Pachtvertrags stehe Thomans Ansuchen „schnurgerade“ entgegen.
Zudem sei es geradezu „Mode geworden, bei öffentlichen Versteigerungen städtischer Realitäten in der sicheren Voraussetzung darauf loszubiethen, daß es nur eine Bittschrift koste, um beträchtliche Nachlässe zu erhalten.“ Deshalb wurde § 4 eingefügt, um dem „Steigerungslustigen“ schon beim Verlesen des Pachtvertrags, also vor der Verpachtung, jede Hoffnung auf Schadenersatz zu nehmen. Die meisten Gründe des Pächters waren zuvor bekannt oder hätten durch Anschauung oder Befragung bekannt sein können. Nur die zweijährige Trockenheit war nicht vorherzusehen; der Schaden werde aber durch einige gute Jahre wieder ausgeglichen. Wir bestehen auf Abweisung des Gesuchs, damit „jeder Pachtlustige bey künftigen Versteigerungen sich eine Lehre daraus nehme.“ Wir geben allerdings zu, dass Thoman Reparaturen zum Teil übernommen und das Ottiliengut verschönert hat und „fraglich zu seinem eigenen Nutzen verbesser“ hat „und daß er überhaupt bisher alle Kräften aufgebothen hat, sich die Zufriedenheit seiner Gäste zu erwerben.“ Dementsprechend lehnte die Regierung Thomans Gesuch ab.
Ein Jahr später bat Thoman erneut um eine Pachtermäßigung oder aber um Entlassung aus dem Pachtvertrag, was die Stadt der Regierung zur Beurteilung vorlegte: Da wir, ohne inkonsequent zu sein, keinen Nachlass gewähren können, der Pächter aber „seine Umstände in den kläglichsten Ausdrücken schildert“, haben wir einstimmig beschlossen, ihn zu Weihnachten aus dem Pachtvertrag zu entlassen, wenn er darauf beharrt. Weshalb kein Nachlass gewährt werden könne, brauche hier nicht wiederholt zu werden. Für die Aufhebung des Vertrags sprechen (1) der wirklich unverhältnismäßig hohe Pachtzins, „welcher nur durch die Eifersucht zweier Steigerungs-Lustigen so hoch hinaufgetrieben wurde, (2) dass der Pächter mit seiner Pacht jetzt schon mehr als ein Jahr im Rückstand ist, die Kaution aber nur zwei Jahrespachten beträgt und die Pacht unsererseits somit spätestens im nächsten Jahr gekündigt werden müsste, (3) der Vorwurf, „durch eine allzu große Strenge den Untergang einer Familie zu befördern, wenn gleich der Pächter durch sein unüberlegtes Steigern an seinem Unglücke schuld ist“, (4) der Pächter ist fleißig und arbeitsam, will eine andere Pacht eingehen und sich von seinem erlittenen Schaden erholen. Wir beantragen deshalb, die Auflösung der Pacht und die neuerliche Verpachtung auf drei Jahre zum früheren Ausrufpreis von 150 fl zu genehmigen. Die Bedingungen bleiben erhalten, nur ohne Weidgang wegen des überall geschlossenen Waldes. [Die Waldweide war inzwischen gesetzlich verboten.]
Staatsarchiv Freiburg A 661/1 Nr. 564
Schluss folgt
K.-E. Friederich