Nach über einem halben Jahr Betrieb der Alten Stadthalle als Flüchtlingsnotunterkunft feiern Betreiber und Helfer mit den Flüchtlingen ein Sommerfest. Ein Anlass, sich Zeit zu nehmen für Betrachtungen und Reflexionen.
An der Situation in den Herkunftsländern hat sich politisch nichts geändert, zumindest nichts, was Anlass zu Hoffnung für die Flüchtlinge geben könnte. Sie leben in Sorge um die dort gebliebenen Familienmitglieder, leiden unter den Erlebnissen ihrer Flucht und realisieren jetzt langsam ihre neue Lebenssituation.
Die Chancen für sie in unserem Land sind sehr unterschiedlich. Einerseits bedingt durch die eigene Persönlichkeit in Verbindung mit sozialer Prägung, Kultur und Bildung, andererseits durch politische Regelungen der Bundesregierung, einzelnen Herkunftsländern unterschiedliche Aufenthaltsquoten zuzuschreiben. So kommt es, dass Syrer, Iraker und Eritreer zu über 90% Asyl gewährt bekommen, Afghanen nur zu ca. 50 %, und Menschen vom Balkan mit Nichtanerkennung rechnen müssen, da ihre Länder zu Sicheren Herkunftsländern erklärt wurden, was im Einzelfall für die Betroffenen dramatisch sein kann.
Dem gegenüber stehen wir, ein Heer von ehrenamtlichen Helfern, und jeder Einzelne musste in den vergangenen Monaten lernen, dass guter Wille unter Umständen nicht ausreicht. Jeder Schritt war auch für Hauptamtliche und Verwaltung neu, es gab keine erprobten Richtlinien und guter Rat war oft teuer. Bei aller Sympathie und Hilfsbereitschaft drehte man sich gelegentlich im Kreis oder scheiterte an verwaltungstechnischen Auflagen, die durchaus vernünftig klangen, am Ende aber vieles scheitern ließen.
Frust gesellte sich zu den verschiedenen Gefühlen, die einen sowieso schon beherrschten: Hatte die Verständigung geklappt oder traute sich der Andere bloß nicht zu sagen, dass er keine Lust hat? Gab es Missverständnisse oder nur unterschiedliche Wertigkeiten? Wie kann man falscher Erwartungshaltung begegnen oder wie kann man Mut machen, neue Schritte zu wagen? Geholfen hat immer persönliche Empathie im Gleichgewicht mit einem pädagogischen Ansatz als Integrationshilfe.
Das aber erforderte oft viel Energie und persönliche Stabilität und deshalb ist es kein Wunder, dass der Helferkreis zu einem harten Kern zusammengeschmolzen ist. Kraftgeber ist die gegenseitige Sympathie und die Bereicherung, die auch wir bei unserem Einsatz auf vielfältige Weise erfahren. Offenheit, Herzlichkeit und Gelassenheit sind einige davon, dazu kommt die Gelegenheit, eigenes Verhalten zu hinterfragen und Routinen zu durchbrechen.
Für viele von uns sind Freude und Erfolgserlebnisse die vorherrschenden Momente und so haben wir alle tatkräftig dazu beigetragen, dieses Sommerfest zu organisieren. Der Bürgerverein sponserte zusammen mit der Brauerei Ganter die Getränke, Kuchen wurde gebacken, Malen und Spielen für Kinder organisiert. Das Essen stiftete der Betreiber der Stadthalle, das DRK, ergänzt wurde es von selbstgemachten und mitgebrachten Salaten.
Das atmosphärisch Wichtigste war aber sicherlich das facettenreiche musikalische Rahmenprogramm, in dem sich die unterschiedlichen Ethnien reflektierten. Ein gemischter Chor, der schon bei einem Konzert in der Friedenskirche aufgetreten war, begleitet von Flügel und Querflöte endete mit einer Session, bei der die Bewohner traditionelle Lieder ihrer Heimat mitsingen konnten. Ein syrisch/kurdischer Oud Spieler brachte mit seinen Weisen die sonst eher untergeordneten Kurden dazu, fähnchenschwenkend zu tanzen. Später traten noch zwei rumänische Roma mit Akkordeon und Violine auf – Vater und Sohn. Das Fest endete mit rasantem Tanz zu Oriental Pop vom Band, was auch etliche Freiburger ihre Zurückhaltung vergessen ließ.
Alles in Allem eine schöne Bestätigung, dass Freiburg ein Ort ist, der Flüchtlinge wirklich willkommen heißt und der trotz Wohnungsknappheit die Herausforderung annimmt.
Um diese Arbeit weiterzuführen sucht die vom Bürgerverein initiierte Patengruppe auch weiterhin neue Mitglieder, die gerne eine Flüchtlingspatenschaft übernehmen wollen. Wir beraten Sie vorab und betreuen Sie auch weiterhin. Alle Infos unter Patenteam Stadthalle patenschaften.stadthallefr@gmail.com oder Telefon 0761/29086305
Constanze Fetzner (BV)