Seit vor über einem Vierteljahrhundert das Mountainbiken in Mode kam, rissen die Klagen nicht ab über rasende Radler, die arglose Wanderer drangsalieren. Der Gesetzgeber hat reagiert, die Stadt auch: Als Waldeigentümerin hat sie den Bau besonderer „Downhill“-Strecken ermöglicht – und im letzten Jahr alle Beteiligten zu mehreren „Runden am Runden Tisch“ eingeladen. Wander- und Mountainbikevereine, der Fahrradverband ADFC sowie Forst- und Umweltschutzamt einigten sich auf die Ausweisung zusätzlicher 10% schmaler Wege als Mountainbikestrecken sowie weitere Maßnahmen und Regeln. Der Bürgerverein ist zuversichtlich, dass es auf diese Weise gelingt, die Zahl unerfreulicher Begegnungen weiter zu verringern – und dass der stadtnahe Bergwald so für alle Erholungssuchenden künftig noch attraktiver wird.
Nicht ganz von ungefähr führt in Freiburg einzig unser Stadtteil den „Wald“ in seinem Namen, denn „Oberwiehre-Waldsee“ (zu dem ja auch noch die eng bebaute „Oberau“ gehört) ist nicht nur das bevölkerunsgreichste Stadtquartier – es ist auch auf rund sechs Kilometern von dem mit Abstand längsten Waldsaum umgeben. Und so enden die beiden fertigen „Downhill“-Strecken auch nicht zufällig bei uns: Die „Borderline“ führt schon seit 2007 vom Rosskopf zur Jugendherberge, und seit einem Jahr mündet der am Kybfelsensattel beginnende „Canadian Trail“ oberhalb der Sternwaldwiese auf die Waldseestraße. Kein Wunder also, wenn das Thema Mountainbiking bei uns besonders hochkocht, denn auch viele beliebte Wanderwege verlaufen in diesen Bereichen.
Wiederholte Zählungen des Forstamtes im vergangenen Sommer führten zu der überraschenden Erkenntnis: Deutlich mehr als die Hälfte, nämlich rund 60% der Waldbesucher sind mit dem Fahrrad unterwegs. Bezeichnend auch: Der Freiburger Verein „Mountainbike Freiburg e. V.“ hat über 650 Mitgtlieder – und damit inzwischen mehr als die Freiburger Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins, der das riesige Netz der Wanderwege betreut und für dessen Beschilderung verantwortlich zeichnet.
Nun könnte man meinen, bei der Wanderer-Lobby sei man gar nicht gut auf die Radler zu sprechen – aber das Gegenteil ist der Fall: „Es ist ein Segen, dass wir den Mountainbike-Verein haben“ sagt kein Geringerer als Mirko Bastian, der beim Schwarzwaldverein die Freiburger Hauptgeschäftsstelle leitet. Er lobt die Verantwortlichen des Vereins als verlässliche Ansprechpartner, die positiv auf ihre Mitglieder einwirkten. Gemeinsam will man im Sommer sogar die neue Beschilderung durchführen, bei der Mountainbikestrecken neu ausgewiesen und die Wanderwegweisung angepasst wird – es wäre nicht die erste gemeinsame Aktion.
Auch Andreas Schäfer, der beim Forstamt für das Themenfeld verantwortlich ist, bewertet die Gesamtsituation als sehr kooperativ und vertrauensvoll. Und in den vergangenen Jahren habe es keinen einzigen Unfall gegeben, bei dem ein Wanderer durch Radler zu Schaden gekommen wäre.
Das Landes-Wald-Gesetz erlaubt das Radeln grundsätzlich nur auf Wegen von mindestens zwei Metern Breite; ca. 120 Kilometer solcher markierter Mountainbikestrecken gibt es im Freiburger Stadtwald. Für sportlich ambitionierte Biker geht mit dieser Beschränkung aber ein wichtiger Spaßfaktor verloren, denn gerade die schmalen „Singletrails“ lösen offenbar besondere Hochgefühle aus. Wie viele Natursportarten hat sich auch das Mountainbiken weiterentwickelt, so dass die breiten LKW-befahrbaren Forststraßen für viele nicht mehr attraktiv sind. Um dem illegalen Befahren von Wanderwegen entgegenzuwirken, sollen daher in nächster Zeit bis zu 10% der freigegebenen Mountainbikestrecken auf schmäleren Wegen verlaufen – und auf diese Weise auch eine durchgehende Route von der Gipfelregion des Schauinsland bis in die Wiehre geschaffen werden. Eine Ausnahmeregelung im Landeswaldgesetz ermöglicht dies, und die unteren Forstbehörden sind seitens des Forstministeriums gehalten, hiervon Gebrauch zu machen. Und der Bedarf ist da: Auch bei der Schauinslandbahn beobachtet man eine deutliche Zunahme jener Fahrgäste, die mit dem Mountainbike auf Freiburgs Hausberg gondeln.
Freiburg gilt als waldreichste Großstadt Deutschlands – bei der Einwohnerzahl dagegen rangieren wir nur auf Rang 43. Da wäre es doch gelacht, wenn Wanderer und Radler nicht friedlich und entspannt aneinander vorbeikämen. Und ein paar schwarze Schafe (ja – die gibt es auch!) sollten nicht das insgesamt überaus positive Bild trüben, von dem die Koexistenz im Wald ganz überwiegend geprägt ist.
P.S. Der Verfasser dieser Zeilen ist selber passionierter Wanderer, Jogger und (sehr moderater) Mountainbiker. Er nimmt deshalb für sich in Anspruch, die Situation im Freiburger Stadtwald aus verschiedenen Blickwinkeln zu kennen – und einigermaßen „ausgewogen“ einschätzen zu können. Eine unliebsame Begegnung mit anderen Nutzern hatte er in fast vier Jahrzehnten nur einmal…