Kooperation zwischen dem UWC, den Geflüchteten und dem Bürgerverein
„Brücken bauen I“ – Internationaler Roma Tag am UWC
Mehrere Hundert Gäste feierten am 8. April auf offener Bühne ein Musikfestival der besonderen Art.
Das United World College und das Romabüro Freiburg veranstalteten einen musikalischen Abend, der die verschiedenen ethnischen Hintergründe der einzelnen Musiker eindrucksvoll widerspiegelte. Rhythmen einer Trommlergruppe wurden abgelöst von einem nicht minder vielfältigen Streichquartett der UWC-Schüler. Ein bestens ausgebildeter Akkordeonspieler im Duett mit seinem Bruder an der Geige spielte die inoffizielle Romahymne, wonach eine palästinensische Tanzgruppe (UWC) mit voller Energie über die Bühne wirbelte und damit die Zuschauer von den Bänken riss, so dass es kein Halten mehr gab.
Höhepunkt war sicherlich eine politisch-philosophische Lesung von Tomas Wald, dem Leiter des Romabüro, inmitten der vielfältigen musikalischen Darbietungen. Mit vereinten Kräften und kollektiver Improvisation gelang es, den anspruchsvollen Text viersprachig vorzutragen – in Deutsch, Englisch, Arabisch und Farsi.
Emotional äußerst berührend war auch der Gesang, der die politische Botschaft der Lesung eindrucksvoll unterstrich: Lieder der Sephardischen Juden aus dem 15. Jahrhundert, die aus Spanien vertrieben wurden und ihrer Sehnsucht nach der verlorenen Heimat musikalisch Ausdruck verliehen. In Auschwitz wurde eines der Lieder zu einem Motiv letzter Hoffnung der verzweifelten Juden.
Abschluss der offenen Bühne und des facettenreichen Abends war eine Jam Session aller beteiligten Musiker mit Tanz, der auch das teilweise schon ältere Freiburger Publikum beschwingt nach Hause gehen ließ.
„Brücken bauen II“ – Frühlingsfest im Klostergarten
Rund 50 Geflüchtete aus der Stadthalle waren am Sonntag, 10. April zu Gast am UWC Robert Bosch College – bei frühlingshaften Temperaturen wurde der Klostergarten zum Ort des Austauschs.
Den Beginn einer langfristigen Kooperation soll die „Refugee Welcome“- Veranstaltung am UWC Robert Bosch College einläuten. Auf Einladung der Schüler*innen verbrachten sie einen Nachmittag mit Musik, Spielen für Kinder, Waffeln und Sport im Klostergarten – im Vordergrund stand das gegenseitige Kennenlernen. „Am UWC leben Schüler*innen aus 88 Nationen, sie sprechen über 60 Sprachen – das Ziel ist, nachhaltig eine friedlichere Welt zu schaffen. Das fängt beim Engagement in der Nachbarschaft an. Die heutige Veranstaltung dient dazu, eine Brücke zu den Bewohner*innen der Stadthalle zu bauen“, so Tina Patzelt, CAS-Koordinatorin am UWC.
Seit kurzem engagieren sich sechs UWC-Schüler zudem einmal die Woche in der Stadthalle, um das Team an Ehrenamtlichen des Bürgervereins Oberwiehre- Waldsee zu unterstützen: Im Rahmen Ihres CAS-Programms (Creativity, Activity, Service) übernehmen sie Mittwochvormittags die Kinderbetreuung. „Wir fingen mit zwei Schülern an, und merkten schnell: das reicht nicht. Es gibt so viele Kinder dort, die sich über die gemeinsam verbrachte Zeit freuen“, sagt Maryo aus Ägypten, der auch das Gartenfest mitveranstaltet hat.
Bei frühlingshaften Temperaturen und ausgelassener Stimmung kamen Gäste mit Schülern und Mitarbeitern des College ins Gespräch – und tanzten bis zum Ende der Veranstaltung zu internationaler Musik. Die Kooperation soll im nächsten Schuljahr ausgebaut werden, UWC und Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee sind diesbezüglich im Gespräch.
Aus dem Text von Tomas Wald, Leiter des Roma-Büros, zum Internationalen Roma Tag:
„Die Geschichte Andalusiens von vor 700 Jahren wird heute wieder aktuell. In dem maurischen Spanien mit einem Kalifen, einer islamisch regierten liberalen Mischkultur, leben Mauren, Christen, Juden, Sinti und Roma sinnenfroh miteinander – in einer Zeit europäischer Zivilsations- und Kulturblüte voller Poesie, Tanz, Musik, Philosophie aber auch neuer Technik.
Die „Zigeuner“, heute korrekt gesagt „Roma“, aber besser „Gitanos“ – so ihre Selbstbezeichnung in Spanien bis heute – sind das aktive Mischungselement in dieser Gesellschaft. Sie treten vor allem als Poeten und Tänzerinnen hervor. Der Flamenco hat hier seine Wurzeln, die Gitanos sind Protagonisten einer hochentwickelten Feierkultur mit deutlicher Frauendominanz.
Andererseits blüht die Philosophie mit Ibn Ruschd – die ebenso bis heute strahlt. Er ist der Bibliothekar des Hofes mit einer weltweit einzigartigen Bibliothek und ist zugleich Erzieher der Kalifenkinder. Er verfasst eine der ersten medizinischen Enzyklopädien und Kommentare zu Aristoteles, dessen Werk überhaupt so erst in den europäischen Denkraum tritt und eines seiner Fundamente wird. Ibn Ruschd ist der islamische Pionier der Aufklärung, wird aber bis heute innerhalb der islamischen Welt abgelehnt.
Dieses sinnenfrohe weltliche Mischleben Cordobas ist der islamischen Sekte – den Gotteskriegern ein Teufelswerk. Sie schüren Streit gegen den weltlichen Kalifen und den Hofstaat, sie hetzen und morden gegen die Sittenverderbnis vor allem der Gitanos. Kurz darauf brennen sie die Bibliothek des Ibn Ruschd nieder und beginnen mit der Verfolgung der Gitanos.
Um die Herrschaft des Kalifen und die weltliche Mischkultur aufzulösen verbrüdern sich die islamischen Gotteskrieger mit der Waffenhilfe der Kreuzritter. Schlussendlich sind die Mauren und Juden aus Spanien gründlich vertrieben, und nur der spanisch katholisch–imperiale Fundamentalismus bleibt übrig, der das erste westliche Weltreich errichtet. Die Gitanos werden nach Südamerika als Zwangsarbeiter in die Bergwerke deportiert. Eine Folge war der sinkende Silberpreis, so dass Freiburg, was seinen Wohlstand auf dem Silberbergbau gründete, verarmte: der Münsterbau musste für Jahrzehnte eingestellt werden, die Bevölkerungszahl halbierte sich. Folgen der ersten Globalisierungswelle im 15. Jahrhundert.“