Die Unklarheiten um die Stadthalle Freiburg nehmen kein Ende

Wieder gab es große Versprechungen seitens der Stadtpolitik, wieder ist die Enttäuschung groß. Die Geheimniskrämerei um die seit Januar 2021 der Stadtverwaltung vorliegenden Machbarkeitsstudie und die diffuse öffentliche Andeutungspolitik des Oberbürgermeisters befördern ein Szenario um eine nicht bürgergewollte Nutzungszukunft der alten Stadthalle in der Oberwiehre.   

Im Oktober 2008 wurde die Universitätsbibliothek als UB1 zur Zwischennutzung in die alte Stadthalle verlegt. Sieben Jahre später erfolgte im Juli 2015 die Rückverlegung der Universitätsbibliothek in den Neubau neben dem Stadttheater. Zurückblieb ein Theaterstück in mehreren Akten. Wäre es ein reales Theaterstück, hätte das Publikum wegen einer schlechten Inszenierung zur Pause den Saal verlassen und sein Geld zurückverlangt. Entschuldigend kann angeführt werden, dass die Autoren nicht Goethe, Wedekind oder Strindberg heißen, sondern eine Stadtspitze und ihre Bediensteten sind.Bleibt man in der Theatersprache, kann man festhalten, dass die Bühnen auch ihr Theaterpublikum verloren und dafür ein zahlenmäßig größeres Zirkuspublikum gewonnen haben. Ähnliches spielt sich gerade beim Wechselspiel der Zuständigkeiten oder Nicht-Zuständigkeiten für ein bürgergewolltes Nutzungskonzept der alten Stadthalle ab.  

Von Geheimniskrämerei umwittertes Gebäude Foto: Lehmann

Unmittelbar nach dem Auszug der UNI-Bibliothek im Juli 2015 erlebte Europa eine Flüchtlingswelle. Die Bundesregierung traf wegweisende politische und humanitäre Entscheidungen, die wir als Bürgerverein guthießen und uns deswegen ab Ende Oktober 2015 bei der Betreuung der Freiburg zugewiesenen Flüchtlinge stark engagierten. Wir können nicht ohne Stolz sagen, dass die Unterbringung der ca. 400 Flüchtlinge in der Stadthalle, die hierfür zur Notunterkunft umgebaut wurde, ohne unseren ehrenamtlichen Einsatz nicht so reibungslos vonstatten gegangen wäre. Die Umbauten, deren Kosten sich bei ca. 2,5 Mio. einpendelten, waren notwendig, sie hinterließen jedoch eine nutzungstechnisch verschandelte Halle. Besonders schmerzlich ist der Umbau der Bühne als Hygienezentrum mit 58 Toiletten/ Waschbecken und 38 Duschen. Nutzungstechnisch ebenfalls problematisch sind die in die Tribüne eingebauten Wohnräume, die wie Schwalbennester oben in die Halle hineinragen. Die in der Halle stehenden Rigips verkleideten Stahlskelette für 103 unterschiedlich große Räume stellen dagegen nicht allzu große Rückbauhürden dar.
Nach dem Auszug der letzten Flüchtlinge im Dezember 2017 waren wir wegen unseres großen Engagements rund um die Halle für viele Nutzungs-Interessierte erste Ansprechstation. Nach Absprache mit dem damals zuständigen ersten Bürgermeister blieben wir das auch bis Juli 2018. In engem Kontakt mit dem Büro des ersten Bürgermeisters bündelten wir die verschiedenen Interessent:innen und legten Anfang 2019 ein Sammelergebnis in Form einer Präsentation vor. Wir betonten dabei immer wieder, dass wir nicht die Entscheider, sondern lediglich die Sammler der Interessenten sind. Zwischenzeitlich wechselte die Zuständigkeit vom ersten Bürgermeister zum Baubürgermeister. Der Kontakt zum federführenden Amt kam trotz unserer Bemühung nie zustande. Dieser Zustand dauerte bis zum Juli 2020, als durch einen überraschenden Entscheid derDezernent:innenrunde die Zuständigkeiten vom Baubürgermeister zum Finanzbürgermeister und damit zum Liegenschaftsamt wechselten. Der sofort wiederhergestellte Kontakt gipfelte in der Aussage des Finanzbürgermeisters, dass an Weihnachten 2020 die „Kuh vom Eis“ sei. Unser zwischenzeitlicher Nutzungs-Favorit „Black Forest Studio“ hatte frustriert zurückgezogen, daraufhin engagierten wir uns stark für eine „Musikspangenlösung“ mit einem gemeinsamen Nutzungskonzept von Musikhochschule und Ensemblehaus. Integriert in diese Lösung sollte ein Musikwissenschaftliches Zentrum werden, das bei einer Verwirklichung Bundesfinanzmittel zur Sanierung bis zu einer Höhe von 90 % eingebracht hätte. Durch einen Rektor:innen Wechsel an der UNI kam es hierzu leider nicht. Der Mountainbike Verein Freiburg hat starkes Interesse angemeldet, hängt jedoch wie alle anderen Interessent:innen in der Warteschleife.
Wir haben nun schon kurz vor Weihnachten 2021 und die Kuh fährt noch immer Schlittschuhe auf dem Eis. Das Eis ist mittlerweile so eingetrübt, dass selbst die Auguren keine Prognose mehr wagen.
Zu einem eventuellen Lichtblick könnte sich das Interesse des Hauses des Engagements entwickeln. Lesen sie hierzu den folgenden Artikel mit einleitenden Worten unserer neuen Vorsitzenden, Frau Dr. Beatrix Tappeser.

Hans Lehmann, BV

Neues Leben für die Stadthalle?

Die Stadt hat angekündigt, dass sie bis Ende des Jahres ein Konzept vorlegen möchte, wie es weitergehen soll mit der Stadthalle. Der Bürgerverein hat ein großes Interesse daran, dass dieses Gebäude inmitten des Quartiers eine vielfältige und lebendige Nutzung erfährt –gemeinwohlorientiert und bürger:innnennah. Und selbstverständlich wollen wir mitreden.
Die Idee, dass das Haus des Engagements die Stadthalle für seine vielfältigen Aktivitäten nutzt, finden wir sehr attraktiv – deswegen drucken wir im Folgenden einen Artikel ab von den Menschen, die die weitere Umsetzung eines großen Hauses des Engagements in Freiburg vorantreiben.
Beatrix Tappeser, BV

Alte Stadthalle – belebt durch das Haus des Engagements?

Viele Jahre wird schon über die künftige Nutzung der alten Stadthalle gesprochen. Die Engagementförderer vom Treffpunkt Freiburg e.V. haben bereits 2007-2014 das Gelände erlebt, als sie hinten im „ZO“ Räume verwalteten, die engagierten Menschen für Sitzungen, Büroarbeit und Veranstaltungen zur Verfügung standen. Wo wir auch Fortbildungen, Öffentlichkeitsarbeit und Erfahrungsaustausch für Engagierte anboten.

Das war immer nur ein Bruchteil dessen, was Engagierte eigentlich an Unterstützung brauchen, um ihre Anliegen erfolgreich angehen zu können. Deshalb haben wir die seit 1997 diskutierte Idee eines „Haus des Engagements“ weiterentwickelt und 2019 in der Rehlingstraße 9 einen „Prototyp“ gegründet. Dort mieten Vereine und kleine gemeinwohlorientierte Unternehmen „CoWorking“-Arbeitsplätze, musizieren fünf Bands im Probenraum im Keller – und alle finanzieren durch ihre Mieten die abendliche kostenlose Nutzung durch derzeit rund 70 Vereine und Initiativen. Und auch eine 30%-Stelle für die Koordination, die dafür sorgt, dass alle sich dort auch begegnen und austauschen können. So ist schon das eine oder andere neue Projekt zustande gekommen – und nicht zuletzt genießen wir die Bands auf den jährlichen Sommerfesten.

Es läuft schon so viel, obwohl die Fläche noch so klein ist; aber viele zusätzliche Ideen warten noch auf Verwirklichung. Wir brauchen mehrere tausend qm, um alles realisieren zu können, vom kleinen Café über kulturelle Aktivitäten bis hin zu Veranstaltungsräumen für Engagierte und Privatpersonen – für die ganze Stadt ebenso wie für den Stadtteil. Kann die alte Stadthalle eine neue Heimat für das Haus des Engagements werden? Wir freuen uns, dass der Bürgerverein von der Idee angetan ist, und hoffen, dass wir auch die Stadtverwaltung und den Gemeinderat dafür gewinnen können. Und auch die Bürgerschaft im Stadtteil – wir laden Sie herzlich ein, mal in der Rehlingstraße 9 vorbeizukommen und sich das Haus des Engagements anzuschauen.

www.treffpunkt-freiburg.de

www.haus-des-engagements.de

Franz-Albert Heimer, Haus des Engagements

Sommerfest beim Haus des Engagements in der zu engen Behausung Rehlingstraße. Foto Peter Antkowiak