Schon mehrfach haben wir über das Naturjuwel Hirzberg (so die Titelgeschichte im Bürgerblatt Juli 2917) berichtet. Inzwischen liegt der Stadt Freiburg ein Antrag der Naturschutzverbände vor, Schlossberg und Hirzberg als Naturschutzgebiet auszuweisen. Wir gehen im Folgenden nur auf den Bereich ein, der uns, d. h. den Stadtteil Oberau, betrifft.
Da sind zum einen die Weinberge am Südhang des Schlossbergs. Hier handelt es sich um ein stadtbildprägendes Kulturdenkmal, das mühsam von Hand bewirtschaftet werden muss. Diese Weinberge sind aber auch eine stadtnahe Oase der Ruhe, da sie nur selten betreten werden. Zudem wachsen zwischen den Reben zahlreiche Wildkräuter, Lebensgrundlage für Insekten und Vögel. Aus Sicht des Naturschutzes besonders hervorzuheben sind die Trockenmauern, z. B. längs des Augustinerwegs (Hexenwegles): Hier kann man bei Sonnenschein die stark gefährdeten Mauereidechsen davonhuschen sehen. In den Ritzen wachsen Pflanzen, die an diesen extremen Standort angepasst sind: Mauerraute (ein Farn), Weißer Mauerpfeffer, dessen dicke Blätter Wasser speichern können und der mit seinen zahlreichen Blütensternen das Auge erfreut, oder Zimbelkraut, ein Einwanderer aus südlichen Gefilden, dessen zierliche Blüten sich dem Licht entgegenstrecken; nach der Bestäubung krümmen sich die Steile zurück, sodass die Samen in Spalten und Lücken der Mauer keimen können. Dieses Biotop ist durch Reparaturen gefährdet: wenn alle Fugen mit Mörtel verschlossen werden, bleibt kein Platz für diese spezialisierten Pflanzen. Hier hätte die Stadt durch eigenes Tun Ökopunkte erwerben können, anstatt sie in Müllheim für 420 000 € zu kaufen, damit die Trockenmauern in Britzingen 30 Jahre lang gepflegt werden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Zum andern ist es der Hirzberg, einst landwirtschaftlich genutzt (z. B. durch Reben ähnlich wie am Schlossberg), wovon noch andeutungsweise Terrassen und die beiden kleinen Meierhöfe Kartäuserstraße Nr. 107 und 107a (am Waldrand nahe dem Haus für Kinder) Zeugnis ablegen. Über die Landwirtschaft ist längst Gras gewachsen, was wörtlich zu verstehen ist: wegen der nur noch sporadisch als Schafweide genutzten Fläche haben sich hier artenreiche Biotope entwickelt, die uns im Frühjahr und Sommer mit zahlreichen Blumen erfreuen und damit auch Grundlage eines reichen Insektenlebens bilden.
Dieses Naturjuwel ist bedroht: langhalmige „Obergräser“ nehmen zu und nehmen den blütentragenden Kräutern das lebensnotwendige Licht, sodass ihnen ein ähnliches Schicksal droht wie den einst vorhandenen Orchideen. Viel schlimmer sind die sich großflächig ausbreitenden Brombeeren, und auch die zunehmende Verbuschung bereitet uns Sorgen. Einzelne Büsche sind zwar durchaus erwünscht, da sie als Unterschlupf für kleine Tiere und Sitzwarten für Vögel dienen und ihnen auch Nistmöglichkeiten bieten – aber ohne Kontrolle werden die Hirzbergwiesen früher oder später wieder bewaldet sein. Offensichtlich ist die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet nicht ausreichend, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten.
Ein Naturschutzgebiet bietet da mehr Möglichkeiten, insbesondere trägt dann das Land die (finanzielle) Verantwortung dafür, dass die Biotope nicht weiter entwertet werden. Nutzungskonflikte dürften nicht entstehen, eine Bebauung kommt nicht in Frage, und die wenigen Spaziergänger und Wanderer stören das Naturschutzgebiet nicht.
Für die Ausweisung als Naturschutzgebiet ist das Regierungspräsidium zuständig. Es wartet auf einen Antrag der Stadt. Dieser soll im Rahmen des Flächennutzungs- und Landschaftsplan 2040, dessen Verabschiedung für 2023 vorgesehen ist, gestellt werden. Es ist zu hoffen, dass dieser Zeitplan eingehalten wird – und dass in das Naturschutzgebiet auch der Standort der Astlosen Graslilie, einer in Baden-Württemberg (stark) gefährdeten Blume, einbezogen wird. Sie ist nämlich den Antragstellern „durch die Lappen gegangen“, wohl weil sie an ziemlich unzugänglicher Stelle östlich der Hirzbergwiesen blüht.
K.-E. Friederich, BV