Abdeckerei beim Mösle?

Aus Freiburgs Archiven

(Fortsetzung von Juni 2020 und Schluss)
Über das Ausmaß der Geruchsbelästigung durch das Verbrennen der Kadaver in der Hansjakobstraße gab es auch innerhalb der Stadtverwaltung unterschiedliche Ansichten. So war Stadtrat (Bürgermeister) Zimmermann der Ansicht „In den drei Jahren des Betriebs sind bis dahin keine Klagen eingegangen. Das Tierasyl liegt so frei und entfernt aller Wohnungen (mit Ausnahme der Gärtnerei Bensel) daß der Klage nur übermäßige Empfindelei oder aber wie vermutet besondere Böswilligkeit zu Grunde gelegt werden kann.“ Ein Transport zur „Wasenmeisterei wäre nicht nur für die zu passierenden Straßen eine unangenehme u. lästige sondern auch für die Stadt eine sehr kostbillige.“ Er stellte den Antrag, den Kamin vom Bauamt erhöhen zu lassen und die Hälfte der Kosten von ca. 100 M zu übernehmen.


Damit konnte dem Übel aber nicht durchgreifend abgeholfen werden. Nach Ansicht des Hochbauamts lag dies an der unsachgemäßen Betriebsweise: „Wenn dieser [Ofen] vor Beginn der Kadaververbrennung stark genug angeheizt würde, dürfte der Geruch zum größten Teil aufhören; erst wenn dies nicht hilft, dürfte die Frage eines größeren Ofens oder ein anderer Verbrennungsort in Erwägung zu ziehen sein.“ Jedenfalls konnte der Kamin nicht noch weiter erhöht werden. Immerhin erklärte die Stadt Ende 1905 dem Bezirksamt auf Nachfrage: Wir halten die Sache für vorläufig erledigt, sind aber auch „der Ansicht, daß mit der Errichtung der thermischen Kadaververnichtungsanstalt die Verbrennung der Tierleichen im Tierasyl überhaupt aufhören muß.“
1906 bewilligt die Stadt dem Wasenmeister Wilhelm Weis für die Abfuhr der Tierkadaver eine weitere Vergütung von jährlich 100 M. Dann schweigen die Akten. Lediglich am 26.7.1922 leitet die Stadt den Antrag von Frau [sic!] Otto Hackenjos, „dem Tierschutzverein den Weiterbetrieb des ihrem Grundstück benachbarten Tierasyls zu verbieten“ zuständigkeitshalber an das Bezirksamt weiter.
(Stadtarchiv Freiburg C3 138/3)
Die Klagen betrafen in der Folgezeit nicht mehr die Belästigung durch den Geruch, sondern durch das Gekläffe der Hunde; sie endeten erst 1992 mit der Verlegung des Tierasyls nach Lehen.
K.-E. Friederich, BV