Stadt zeigt „klare Kante“ bei den Umbauplänen des Schützenareals

Großes Lob des Bürgervereins für das Stadtplanungsamt

Die historische Häusergruppe beim Gasthaus Schützen präsentiert Gebäude aus der „Urzeit“ der Wiehre. Mehrere öffentliche Stadtteilspaziergänge des Bürgervereins hatten das Schützenareal zum Ziel. Hier ist Ursprungswiehre in Besterhaltung zu sehen.

Die Häusergruppe mit dem Gebäude des Gasthaus Schützen gehört zu den ältesten Gebäuden des nach 1745 wieder aufgebauten ehemaligen Dorfes Wiehre. Die in der Luftansicht markierten Häuser Schwarzwaldstraße 36, 38 und 40 und der heute als Garage genutzte Anbau bilden zusammen mit dem Gasthaus einen markanten Siedlungskern, der einst von Feldern und Wiesen umgeben war. Neben dem Häuserensemble Alt-Adelhausen um den Annaplatz in der Unterwiehre ist diese Häusergruppe der bedeutendste historische Beleg, der noch an den ehemals ländlichen Charakter der Wiehre erinnert. Die an der Schwarzwaldstraße gelegenen Häuser weisen durch ihre Bauform auf ihre ursprüngliche Nutzung als Scheunen und Stallungen hin, Haus Nr. 36 zählt zu einem der ältesten Gebäude der Wiehre überhaupt.

Luftansicht mit dem historischen Schützen- Häuser-Ensemble Quelle: Google-Maps

Das Nebenzimmer des Gasthauses Schützen wurde zum traditionellen Tagungsort unserer Mitgliederversammlungen und auch zum Lokal für manches Arbeitsessen. Unter den aktuellen Pächtern (Eigentümerin ist seit 1893 die Ganterbrauerei) wurde der Schützen zu einem attraktiven Speiselokal mit tollem Restaurantgarten in unseren Stadtteilen Oberau, Oberwiehre und Waldsee, ja in unserer Stadt. Es herrschte Ruhe um dieses historische Ensemble, bis vor 5 Jahren erste Gerüchte über einen Verkauf der Häuser Nr. 36 und 38 publik wurden und 2016 die ersten Skizzen des neuen Besitzers auftauchten und bei der Verwaltung mehrere Vorschläge sowie eine Bauvoranfrage zur Neubebauung der Schwarzwaldstraße 36 und 38 eingingen. Der neue Besitzer, von Beruf Architekt mit eigenem Architektenbüro und seit 2000 Inhaber einer Projektentwicklung GmbH, interessierte sich nicht für die Historie seiner beiden neu erworbenen Häuser. Sie sollten abgerissen und durch einen modernen Neubau ersetzt werden.

Einer der Bebauungs-Entwürfe von 2016
Letzter Bebauungs-Entwurf von 2019
Quelle: Schindler Architekten

Der Bürgerverein nahm mit dem neuen Eigentümer Kontakt auf. Der Inhalt der Beruhigungspille lautete: „Es sind ja nur erste Entwurfsskizzen, man ist kompromissbereit“. Noch beängstigter waren jedoch die Signale aus dem damaligen Stadtrat, denn man stellte den Abriss von Haus Nr. 36 und 38 nicht in Frage, lediglich die vorgelegten „Monster-Neubauskizzen“ missfielen. Das Stadtplanungsamt lehnte jedoch von Anfang an alle eingereichten Skizzen der Bauvoranfrage ab, da sie den „städtebaulichen Rahmen nicht einhielten oder sich negativ auf das Erscheinungsbild des Ensembles ausgewirkt hätten, wodurch die städtebauliche Erfordernis zur Einleitung eines Planverfahrens gegeben war“.
Der Bau- und Umlegungsausschuss beschloss 2017 die Aufstellung des Bebauungsplans „Schwarzwaldstraße (Ecke Schützen / Maria-Hilf)“ und der Gemeinderat beschloss 2018 eine Veränderungssperre zur Sicherung der vorgesehenen städtebaulichen Entwicklung während des Bebauungsplanverfahrens.

Das von der Verwaltung im Mai 2018 dem Bau- und Umlegungsausschuss präsentierte städtebauliche Konzept war Basis für mehrere Gespräche mit den betroffenen Eigentümern. Obwohl es grundsätzlich begrüßt wurde, konnte dazu bis Ende 2018 keine verbindliche Einigung erreicht werden. Da die Eigentümer selbst keine tragfähigen Vorschläge für die weitere Entwicklung vorlegten, setzte die Stadt 2019 das Verfahren auf Grundlage des Konzeptes vom Mai 2018 fort. Im Juni 2019 wurden von den Eigentümern neue Überlegungen vorgelegt, die zwar „Grundzüge des Bebauungsplanentwurfs aufgriffen, jedoch in wichtigen Punkten Fragen offen ließen“. Im Mai 2020 wurde in den städtischen Gremien der Beschluss zur Offenlage des Bebauungsplans, d.h. zur Beteiligung der Öffentlichkeit und der Fachbehörden angesetzt. Im Sommer 2020 soll des Weiteren die Veränderungssperre bis Oktober 2021verlängert werden, um zu verhindern, dass die Bauvoranfrage aus dem Jahr 2017 wieder aufleben kann, bevor das Bebauungsplanverfahren mit dem Satzungsbeschluss abgeschlossen wird.

Wir waren in diesem Verfahren von Anfang an in vorbildlicher Weise beteiligt und werden Sie informieren, sobald der Satzungsbeschluss vorliegt. Die Vorgabe der Stadt lautet: „Zweigeschossig mit Satteldach“. Haus Nr. 36 muss denkmalschutzbedingt erhalten bleiben. Die Zweigeschossigkeit mit Satteldach würde – auch bei einem etwaigen Entfall des Denkmalschutzes – trotzdem für Haus Nr. 36 gelten. Diese Vorgaben werden von uns geteilt; selten haben wir erlebt, dass eine städtische Behörde (Stadtplanungsamt) so eine „klare Kante“ mit der Botschaft „bis hier hin und nicht weiter“ zeigt.

Hans Lehmann, BV