Der Europäische Tag der Jüdischen Kultur fand am 1. September 2019 gleichzeitig in rund dreißig Ländern statt. Der Tag will dazu beitragen, das europäische Judentum, seine Geschichte, seine Traditionen und Bräuche bekannt zu machen. Er erinnert an die Beiträge des Judentums zur Kultur unseres Kontinents in Vergangenheit und Gegenwart.
Eine der Erinnerungsveranstaltungen in Freiburg war die Stolpersteine Führung in der Oberwiehre. Start der Führung war das Haus Landsknechtstraße 5, das Wohnhaus der späteren Freiburger Ehrenbürgerin Dr. Gertrud Luckner.
Schon in den zwanziger Jahren hatte Frau Luckner das Unheil kommen sehen. Sie sah früh, was auf uns zukam. So beschrieb sie selbst ihre kompromisslose Haltung zum Nationalsozialismus. Schon 1932 riet sie Juden: „Heraus aus diesem Lande!“. 1933 begann die Gestapo, ihre Post zu überwachen – wegen ihrer Auslandskontakte und „pazifistischen Tendenzen“. Ab 1941 arbeitete sie, immer bedacht, niemanden außer sich selbst zu gefährden, mit jüdischen Organisationen und dem evangelischen und katholischen Widerstand zusammen. Finanziell unterstützt von der katholischen Kirche, der sie 1934 beigetreten war, und mit einem Netzwerk heimlicher Helfer organisierte sie Lebensmittel, Medikamente, Geld, Ausweise, Verstecke, Fahrmöglichkeiten und Fluchtwege, so über die grüne Grenze in die Schweiz. In der Reichspogromnacht 1938 fuhr Frau Luckner bis zum frühen Morgen mit ihrem Rad durch Freiburg, um Juden zu warnen. Sie selbst wurde oft gewarnt, die Überwachung durch die Gestapo war ihr nur zu bewusst. Schließlich wurde sie im März 1943 verhaftet und monatelang verhört. Als Schutzhäftling war sie bis zur Auflösung des Lagers im April 1945 im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, das sie samt dem anschließenden Todesmarsch überlebte. 92 000 andere Häftlinge gelang dies nicht.
Das Erzählen von Geschichten war schon immer großer Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses. In eine Geschichte verpackt wird das scheinbar Banale zum Leben erweckt und in etwas Erinnerungswert verwandelt. Geschichten ermöglichen uns, einen tieferen Sinn im Alltäglichen zu entdecken und Traditionen auf kommende Generationen zu übertragen. An diesem Sontag Mittag gelang dies Frau Meckel mit Bravour.
Für alle, die noch keine Stolpersteine-Führung miterlebt haben oder noch einmal eine mitmachen möchten, merken Sie sich bitte den Samstag den 9. November 2019 (Datum der Reichspogromnacht) vor. Frau Meckel wird in unserem Namen erneut eine Stolpersteine-Führung anbieten. Weitere Informationen hierüber folgen in der Novemberausgabe unseres Bürgerblattes.
Hans Lehmann, BV