Fluch oder Segen: Erhaltungssatzung für den Stadtteil Waldsee

Kurz vor Weihnachten 2018 erreichte uns vom städtischen Presseamt die Meldung: Die Erhaltungssatzung für den Stadtteil Waldsee ist auf den Weg gebracht. Ziel sind der Erhalt des Stadtbildes und der städtebaulichen Struktur in diesem Gebiet

Bedrohtes Idyll Stadtteil Waldsee: Eine Erhaltungssatzung soll das Gesicht des Stadtteil wahren helfen | Foto: Lehmann

Immer wieder wird der Bürgerverein darüber informiert, dass im Stadtteil Waldsee einzelne Häuser abgerissen oder mit überdimensionierten Anbauten versehen werden sollen. In neuster Zeit wird auch das zunehmende Umwandeln der den Stadtteil prägenden Vorgärten in Parkraum beklagt. Dadurch sehen viele Bewohner den Charme und den Charakter des Quartiers bedroht. Jetzt haben Stadtverwaltung und Gemeinderat mit einer Erhaltungssatzung reagiert, die verhindern soll, dass das Stadtbild prägende, aber sanierungsbedürftige Altbauten abgerissen und durch deutlich größere, oft schlecht ins Gesamtgefüge passende Neubauten ersetzt werden.

Die Stadtverwaltung reagiert damit auf zwei aktuell vorliegende Abrissanträge in der Wilhelm-Dürr-Straße und in der Hansjakobstraße. Mit dem Aufstellungsbeschluss kann dies zunächst für ein Jahr verhindert werden. Dabei geht es um den Erhalt wertvoller Einzelbauwerke oder Ensembles, die das Stadtbild besonders prägen. Und weiter in der Verwaltungsvorlage: „Ziel ist es, die städtebauliche Eigenart des Gebiets, die durch die Form und Größe der Gebäude sowie deren Stellung zu Straßenzügen und Freiräumen gekennzeichnet ist, dauerhaft zu erhalten. Dazu gehört auch die Freiraumstruktur mit Vorgärten und großen Hausgärten“.

Der Geltungsbereich der Erhaltungssatzung umfasst nicht den gesamten Stadtteil Waldsee.
Quelle: Stadt Freiburg G-18-191

Im Internet finden sich nähere Angaben zu Ziel und Abgrenzung: https://www.freiburg.de/DRUCKSACHE G-18/191

Eine Erhaltungssatzung hat zunächst nur die Struktur eines Quartiers im Auge und geht beispielsweise nicht auf Dachformen und -aufbauten oder der Gestaltung von Fassaden, Freiflächen und Einfriedungen bis hin zur Farbgestaltung dieser Elemente ein. Dafür wäre eine zusätzliche Gestaltungssatzung erforderlich. Zunächst geht es allerdings darum, eine Erhaltungssatzung zu verabschieden. Obwohl gesetzlich nicht vorgeschrieben, soll auch die Öffentlichkeit ähnlich wie im Bebauungsplanverfahren beteiligt werden. Ziel ist der Satzungsbeschluss bis zum Oktober 2019 zu erreichen – dann endet die einjährige Frist, innerhalb derer Baugesuche zurückgestellt werden können, die den Zielen der geplanten Satzung widersprechen. In der letzten gemeinderätlichen Aussprache vor Weihnachten fand der Vorschlag der Verwaltung zur Erarbeitung einer Erhaltungssatzung für das Waldseegebiet breite Unterstützung. In der Schlussabstimmung gab es bei sieben Enthaltungen, ansonsten nur Ja-Stimmen. Damit wird das Waldseegebiet das erste, aber nicht das einzige Quartier, für das eine Erhaltungssatzung erarbeitet wird; Brühl, Herdern, Stühlinger und Wiehre sollen folgen, und das Stadtplanungsamt erhält dafür eigens eine neue Stelle.

Nicht geklärt ist bisher, ob aus der Sicht des Bürgervereins Erhaltungssatzungen nun ein Fluch oder ein Segen sind. Wir sehen, wie sich Städte wandeln. Es geht darum, diesen Wandel nicht aufzuhalten, sondern positiv zu steuern. Wenn Erhaltungssatzungen dazu führten, dass keine städtebauliche Weiterentwicklung mehr möglich wäre, wären sie ein Fluch. Ein Segen sind sie allerdings, wenn sie helfen, bauliche Auswüchse zu verhindern, die ganze Straßenzeilen oder sogar ganze Stadtteile mit gewachsenen Strukturen oder auch nur liebenswerte Details aus vergangenen Zeiten zerstören. Unsere drei Stadtteile Oberau, Oberwiehre und Waldsee haben es verdient, dass man die noch vorhandene wertvolle bauliche Substanz schützt. Wir sehen in den Erhaltungsatzungen deswegen eindeutig den Segen.

Hans Lehmann, BV