Leserinnenbrief

Info / Stellungnahme zur Wilhelm-Dürr-Staße

Über meine Bauherrschaft der Wilhelm-Str. 6 kenne ich die Bausubstanz gut:
Aus architektonischer Sicht sind die Häuser wunderbar, aber auch wunderbar klein, für Leute mit ganz geringem Einkommen geplant und gebaut, große Gärten; Hühnerställe, Waschhäuschen runden das Bild ab.
Die Baukosten waren sicher nicht hoch und doch gibt es ein sehr innovatives Detail an den Häusern, das ist das zweischalige Mauerwerkverbundsytem, eine technische Glanzleistung bis heute, durch die eingeschlossene Luft mit dem Ziegelmauerwerk ergibt ein sehr gute Isolierung und durch das gewählte Material, gebrannter Ton als Pufferspeicher ergibt sich eine besondere und vorteilhafte Wirkung auf das Raumklima, auch was die Regulierung der Luftfeuchtigkeit angeht, hier ein Wärmedämmverbundsystem aufzukleben wäre ein Sünde.
Dem wohl hohen Aufwand dieser Art zu bauen, ist geschuldet, dass an andere Stelle gespart wurde, so ist die Trennwand zwischen den Häusern manchmal nur 11cm, also einfach Mauerwerksdicke, manchmal ist es auch etwas dicker, warum weiß ich nicht, vielleicht durften die Nutzer selbst mitgestalten. Die Außenwände, das
beschriebene Mauerwerkverbundsystem hat keine Rücksicht auf die Einheitsabschlüsse genommen, sondern wurde aus meiner Sichte von einem Ende zum anderen gerade durchgeplant und gebaut.
Sehr schlecht, wie auch bei vielen hochwertigen Wiehre-Häusern, ist der Mörtel, der zu viele Sandanteile hat, so dass das Mauerwerk nur noch über Tapete und Putz zusammengehalten wird. Der Zementanteil war zu gering, der Sand zu trocken, als das Mauerwerk mit dem Mörtel trocken war, hat es wahrscheinlich schon angefangen zu rieseln.
Zieht man die Tapete ab, ist es durch aus möglich, dass ein Mauerstein dranhängt und der Mörtel oben, unten rechts und links herausrieselt. Wenn nun ein Eckgebäude abgerissen werden sollte, kann es passieren, dass das ganze wie ein Kartenhaus zusammenfällt, zumal, wenn wie hier, in der Planung vorgesehen das Niveau verändert werden soll.
Die vorgelegte Planung der Wilhelm-Dürr-Str. 1 sieht einen ebenerdigen Zugang vor.
Typologisch und gestalterisch ein Missgriff, denn in dem Ensemble haben immer zwei Einheiten einen gemeinsamen außenliegenden Treppenaufgang, immer zwei Häuser haben einen gemeinsamen Garten, da das gemeinsame ‚Häuschen‘ im Garten nur auf einer Seite steht.
Aus meiner Sicht müsste über das gesamte Gebiet ein Ensembleschutz gelegt werden. Trotz vieler Eingriffe, guter und schlechter, ist es ein Stück Stadt- und Baugeschichte.
Gabi Dierdorf, Architektin Dipl.-Ing.
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Stadtbild e.V.
Stellvertretende Vorsitzende

Anmerkungen der Redaktion
Zum Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht, dass im Bauausschuss des Gemeinderats am 9. Oktober ein einmütiger Beschluss gefasst wurde, für das Waldseegebiet eine Erhaltungssatzung zu erstellen. Erhaltungssatzungen werden und sollen wenn es sich um nicht erhaltenswerte Substanz handelt zukünftige Abrisse nicht verhindern, aber Neubauten in anderer Kubatur als die der Umgebung verhindern. Damit wird sich mancher spekulativer Abriss nicht mehr lohnen.