Noch vor Weihnachten 2015 kamen Schlagzeilen aus dem Rathaus wie: „Anhaltend hoher Druck auf Freiburger Wohnungsmarkt macht, früher als geplant, Benennung von möglichen Wohnbauflächen notwendig. Fünf erste Flächenpotentiale für Wohnungsbau aus dem Perspektivplan liegen vor“.
Aufgrund des starken Bevölkerungswachstums und der anhaltenden Dynamik der baulichen Entwicklung in Freiburg führen neue Bauvorhaben immer wieder zu Grundsatzdiskussionen über verträgliche städtebauliche Dichte und angemessene Freiraumversorgung. Der Perspektivplan soll als ein strategisches Gesamtkonzept ein Kompass der baulichen und freiräumlichen Entwicklung sein. In ihm werden wichtige Leitlinien der weiteren Entwicklung der Stadt formuliert, durch ihn soll ein entscheidender Beitrag zur Versachlichung von Diskussionen geleistet werden. Soweit die Zielformulierungen der Gemeinderatsdrucksache aus dem Startjahr des Perspektivplans 2012. Seit Frühjahr 2014 beteiligte die Stadtverwaltung engagierte Bürger*innen sowie Interessenverbänden an dem Perspektivplan. Der soll die Richtung vorgeben, wie Freiburg in den nächsten 15 Jahren qualitativ hochwertig mit Wohnraum versorgt werden kann.
Ungewöhnlich groß sind gegenwärtig die Probleme am Freiburger Wohnungsmarkt und ungewöhnlich sind auch die Schritte, die die Stadt nun unternimmt, um des Wohnungsmangels Herr zu werden. Auf die Schnelle hat deshalb die Bauverwaltung kurzfristig fünf mögliche Wohnbauflächen aus dem noch in Arbeit befindlichen Perspektivplan benannt und sie im November 2015 der Presse vorgestellt.
„Wir haben diese ersten Vorschläge aus dem Perspektivplan jetzt vorgezogen, weil wir über die bisherige Planung hinaus für die wachsende Bevölkerungszahl und darüber hinaus für die nach Freiburg kommenden ehemaligen Geflüchteten dringend Wohnraum brauchen“, so Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon zu Beginn der Pressekonferenz. Baubürgermeister Dr. Martin Haag ergänzte: „Nur mit Wohnungen verteilt auf alle Wohngebiete könne die Integration der Geflüchteten gelingen“. Der schon bisher immense Wohnraummangel wurde durch die Anfang des Jahres 2015 nicht erwarteten Geflüchteten Zahlen so verschärft, dass deshalb die Verwaltungsspitze im Sommer beschloss, so schnell als möglich die ersten Flächenvorschläge zu entwickeln und dem Gemeinderat noch vor dem Jahresende 2015 zur Entscheidung vorzulegen. Außerdem wurde im Herbst 2015 in der Verwaltung eine ämterübergreifende Projektgruppe zur schnellen Realisierung von weiteren Wohnbauflächen installiert, deren Aufgabe es sein wird, 2016 Vorschläge für weitere mögliche Flächen aus dem Perspektivplan aufgreifen und sie hinsichtlich genauer Größe, Abgrenzung und Realisierbarkeit zu konkretisieren. Damit sollen kurzfristig zusätzliche Wohnungsbauflächen bis zur Realisierung des neuen Stadtteils Dietenbach umgesetzt werden. Die Notwendigkeit dieses ungewohnt schnellen Agierens begründete der Oberbürgermeister mit der Langfristigkeit des Bleibens der Menschen, die uns zugewiesen wurden und mit der Erfahrung, dass Integration in Heimen nicht gelingt. „Dabei sind auch bisher geltende Tabus zu überdenken“- so Salomon. Der Baubürgermeister sieht die Finanzierungsfrage nicht als das Hauptsorge der neuen Herausforderungen, sondern das Flächenproblem. Und das soll der Perspektivplan lösen helfen, der Ende des Jahres 2016 dann endgültig beschlossen werden soll. In ihm sind zurzeit rund 90 weitere mehr oder weniger für den Wohnungsbau geeignete Flächen benannt, von denen die Stadt jetzt fünf Flächen als erste Tranche vorzieht. Weitere Flächen werden Anfang dieses Jahres folgen. Hierbei wird die „Projektgruppe neue Wohnbauflächen“ vor die Herkulesaufgabe gestellt, Wohnbauflächen zu entwickeln, die sich an der Umgebungsbebauung orientieren, hohe gestalterische Qualität, sowie eine gute Nahverkehrsanbindung und Nahversorgung aufweisen und dies alles unter Beteiligung der Öffentlichkeit am Planungsprozess.
Mit großer Mehrheit hat der Gemeinderat vor Weihnachten beschlossen, die fünf von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Flächen in Mooswald, Zähringen, Stühlinger, Vauban und Littenweiler auf ihre Eignung für den Wohnungsbau zu überprüfen. Die ausgewiesenen Flächen haben zusammen ca. 21 Hektar Fläche und eignen sich für bis zu 1500 Wohneinheiten. Ebenfalls mit großer Mehrheit billigte das Gremium die Fortführung des Perspektivplans. Dieser soll weitere Flächen für insgesamt 7000 Wohnungen erbringen.
Unser Stadtteil ist von der ersten Tranche ausgewiesener Flächen nicht betroffen. Es ist jedoch zu erwarten, dass sich dies bei den 90 weiteren, bisher der Öffentlichkeit noch nicht benannten Flächen ändern wird. Unsere Aufgabe wird es hierbei sein, eine sorgfältige Abwägung vorzunehmen und dabei einerseits berechtigte Stadtteilinteressen, aber auch unsere Verantwortung für die Gesamtstadt gerecht zu werden. Das Ergebnis wird sicherlich nicht alle Stadtteilbewohner zufrieden stellen. Wir werden uns jedoch mit aller Kraft dafür einsetzten, dass die von der Stadtspitze versprochene Bürgerbeteiligung ernst genommen, dass auf qualitativ hochwertiges Bauen geachtet wird und die sozialen Belange vor allem von jungen Familien und älteren Menschen mit zentral im Fokus stehen. Wir wollen und müssen ein Stadtteil bleiben, in dem man auch wegen seiner gut gemischten sozialen Struktur jetzt und auch in Zukunft gerne wohnt.
BV, Hans Lehmann