Aufreger Anwohnerparken

Im letzten Bürgerblatt haben wir die im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen ausführlich zum Thema Anwohnerparken zu Wort kommen lassen. Offensichtlich waren sich alle einig, dass die seit 1993 bestehende Verwaltungsgebühr von 30 € im Jahr nicht mehr angemessen ist – auch wenn sie bei unserer Umfrage vor einigen Jahren zuweilen noch als „städtische Abzocke“ bezeichnet wurde. Strittig war die Höhe, und natürlich sorgt die Erhöhung auf jährlich 360 € für Aufregung.

Es empfiehlt sich, zunächst den Beschluss des Gemeinderats zur Kenntnis zu nehmen. Demnach sollen die Gebühren zukünftig 30 € im Monat im Schnitt betragen, wobei die Fahrzeuggröße zu berücksichtigen ist und „soziale Leistungsempfänger_innen“ (gemeint sind Empfänger_innen sozialer Leistungen oder kurz Sozialleistungsempfänger_innen) sowie Menschen mit Behinderungen oder Pflegegrad niedrigere Kosten zu tragen haben. Im Schnitt bedeutet, dass einige mehr, andere weniger als 360 € im Jahr bezahlen müssen (zum Vergleich: laut ADAC betragen die jährlichen Gesamtkosten des VW Golf mit der schwächsten Motorleistung rund 7200 €). Zwischenzeitlich gibt es Modellrechnungen, welche Folgen dies für die einzelnen Autobesitzer hat; sie führen je nach politischer Absicht zu erstaunlich niedrigen oder erstaunlich hohen Kosten.

Richtig ist, dass der öffentliche Raum in der Stadt zu wertvoll ist, um kostenlos oder nahezu kostenlos zugeparkt zu werden. Ob der beschlossene Durchschnittspreis angemessen oder zu hoch ist, war im Vorstand des Bürgervereins umstritten. Einigkeit besteht aber in folgenden Forderungen:

  • die Parkraumbewirtschaftung soll auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden, schon um Verdrängungseffekte zu vermeiden,
  • sie darf nicht auf tagsüber beschränkt bleiben,
  • soziale Differenzierung darf nicht einer „Verwaltungsvereinfachung“ zum Opfer fallen; bei den zu erwartenden Einnahmen spielt der Mehraufwand durch differenzierende Regelungen keine entscheidende Rolle.

Es ist unbestritten, dass der Autoverkehr die Umwelt z. B. durch Lärm, Abgase, Reifenabrieb belastet; dies gilt aber nur für fahrende, nicht für parkende Autos. Insofern ist es richtig, Merkmale wie die Fahrzeugmasse (das „Gewicht“) oder den CO2-Ausstoß nicht zu berücksichtigen, und es ist genauso richtig, die Maßnahmen zur Verringerung des Pendlerverkehrs fortzuführen und womöglich zu verstärken; dafür sind die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung gedacht.

Es bedarf keiner Fantasie, um vorherzusagen, dass die konkrete Ausformulierung der Gebührenordnung die nächste und womöglich noch größere Aufregung verursachen wird. Es wird vermutlich auch Fälle geben, die eine besondere, in der Verordnung nicht vorhergesehene Härte bedeuten. Dies wird sich kaum vermeiden lassen.

Fraglich ist, wie die Parkstreifen, wofür Anlieger Erschließungsbeiträge bezahlt haben, bewirtschaftet werden.

Die Parkraumbewirtschaftung wird dazu führen, dass zu Geräteschuppen umfunktionierte Garagen wieder zum Abstellen von Autos benutzt werden, aber auch, dass private Stellplätze auf Gartengrundstücken zulasten des derzeitigen Bewuchses angelegt werden – nicht unbedingt im Sinne der Umwelt.

K.-E. Friederich, BV

beenhere

Interview mit einem Unternehmer


Wie viel in Zukunft für einen Ausweis gezahlt werden soll, mit dem man sein Auto im eigenen Wohnviertel in Freiburg parken darf, ist noch nicht entschieden. Seitdem die Bundesregierung im Straßenverkehrsgesetz keine Höchstgebühren mehr vorschreibt, dürfen die Landesregierungen oder die Kommunen selbst bestimmen, was eine Parkberechtigung für Anwohner*innen kosten soll. Im Freiburger Gemeinderat hat man sich bis jetzt noch nicht festgelegt. Allerdings: Manche sprechen schon von 30 Euro im Monat – das heißt von knapp einem Euro pro Tag. Einer, der die bisherigen Vorschläge zum Thema nicht zielgenau findet, ist der Unternehmer Dominik Lehr, der in der Wiehre wohnt. Mit ihm sprach für das Bürgerblatt Mechthild Blum. 

Bürgerblatt: Herr Lehr, Sie können sich die 30 Euro im Monat doch locker leisten, nehme ich an. Trotzdem finden Sie eine solche Gebühr nicht in Ordnung. Warum?

Dominik Lehr: Gegen eine Gebühr ist generell nichts einzuwenden, aber für eine derartige Erhöhung müssten erst die richtigen Parameter geschaffen werden. Neben der Aufteilung der Parkzonen nach tatsächlicher Anwohnerdichte wäre vor allem auch die generellen Bestimmungen zum Anwohnerparken zu überarbeiten. 

Bürgerblatt: Sie schlagen vor, die Berechtigungszeiten fürs Parken zu ändern, weil Abends, wenn es nichts kostet, zu viele ihren Wagen dort abstellen, wo sie gar nicht wohnen? 

Lehr: So ist es in der Tat. Wer sein Auto braucht, um zur Arbeit zu kommen, benötigt tagsüber keinen Parkplatz, abends allerdings schon. Ab 19 Uhr – mit Ausnahme der Parkzonen 1 – und am gesamten Wochenende kann aber ohne Schein und Gebühr geparkt werden, was auch viel ortsfremde Besucher der Innenstadt in die Wiehre lockt. Wenn schon Anwohnerparken, dann 24/7. 

Bürgerblatt: Finden Sie, die Stadt solle die Anwohnerparkzonen ausweiten?

Lehr: Das ist nicht leicht zu beantworten. Aber: Warum in diesem Stadtteil bezahlen und in anderen nicht? Eine generelle Regelung zum öffentlichen Parkraum wäre sicher sinnvoll. Es wird aber wohl nur schwer umzusetzen sein, auch wenn das wünschenswerte Mehreinnahmen für die Stadt generieren würde. Wer will schon mit einer neuen Gebühr behelligt werden? 

Bürgerblatt: Welche Vorschläge in diesem Zusammenhang möchten Sie außerdem gerne vom Gemeinderat diskutiert wissen? 

Lehr: Da wäre zum einen die erwähnte Zielgenauigkeit. Wer mehr Parkplatz verbraucht als ein Standard PKW, sollte auch mehr bezahlen. Hier denke ich an große Kombis, SUVs, Wohnmobile und Sprinter oder Anhängern, die mehr als einen Normparkplatz belegen heute aber eben nur für einen bezahlen. Zum anderen sollte das Besucherparken den Gegebenheiten angepasst und professionalisiert werden.

Bürgerblatt: Sie können sich auch eine Gebührenstaffelung je nach CO2-Ausstoß vorstellen?

Lehr: Guter Punkt. Neben dem Platzverbrauch wäre ein zusätzlicher Hebel über diese Messgröße sehr sinnvoll, wenn sichergestellt würde, dass die hier generierten Mehreinnahmen auch in klimaschützende Maßnahmen reinvestiert würden. 

Bürgerblatt: Wäre das auch ein Vorschlag: Das eigene Auto abschaffen und auf Car-Sharing ausweichen?

Lehr: Wir sind ein Haushalt mit drei Fahrern und einem Auto. Diese benutze zu 90Prozent  ich selbst und dann meist für Geschäftsreisen. Hier funktioniert Carsharing nicht wirklich. In Freiburg sind wir außer dem wöchentlichen Großeinkauf weitestgehend per Rad oder zu Fuß unterwegs.

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Info:

In Freiburg gibt es rund 13.000 entsprechender Ausweise. Bei einer Gebühr von 30 Euro kämen so pro Monat 390.000 und pro Jahr 4.680.000 Euro zusammen.