Ein Glücksfall für den Denkmalschutz,
für das UWC und für Freiburg
Pleiten, Pech und Pannen – davon geprägt sind oft die Schlagzeilen, wenn es um komplizierte Bauvorhaben oder große Verkehrsprojekte geht; Stuttgart 21 oder der Berliner Flughafen lassen grüßen. Nach gegenteiligen Beispielen sucht man meist vergeblich. Die neue Nutzung und die bauliche Entwicklung des Areals um das ehemalige Kartäuserkloster aber haben das Zeug zu genau einem solchen Vorzeigeobjekt.
Der ganz große Knüller war die Übernahme des dringend sanierungsbedürftigen Klostergebäudes vor sechs Jahren durch die Robert-Bosch-Stiftung, die daraus das Herzstück des einzigen deutschen „United-World-Colleges“ (UWC) machte. Das war für Freiburg „wie Weihnachten und Ostern an einem Tag“ – so der damalige OB Dieter Salomon.
Zu mehr als einem großen Wermutstropfen drohte dann aber das Schicksal des ortsbildprägenden Meierhofs unten an der Kartäuserstraße zu werden: Nachdem Gutachter eine Sanierung als völlig unrealistisch bewertet hatten, kam sogar von der obersten Denkmalschutzbehörde des Landes grünes Licht für den Abriss, und niemand hätte einen Cent darauf gewettet, dass es doch eine Rettung geben könnte.
In aller Bescheidenheit darf unser Bürgerverein für sich in Anspruch nehmen, das unmöglich Erscheinende doch noch Wirklichkeit werden zu lassen: In Absprache mit Stadt und Bosch-Stiftung gelang es, mit Architekt Willi Sutter den regional bekannten „Spezialisten für hoffnungslose Fälle“ mit einem Sanierungskonzept zu beauftragen. Und siehe da – es ist nicht nur technisch machbar, sondern auch wirtschaftlich tragfähig – und steht inzwischen wenige Monate vor der Vollendung. Der Verfasser dieser Zeilen hatte Ende August Gelegenheit, die Baustelle von innen und außen zu besichtigen – und war positiv überrascht:
Weil man seitens der Bauherrschaft wohl Zweifel an der Wirtschaftlichkeit einer Sanierung hatte, kaufte Sutter das heruntergekommene Gemäuer und ist nun Eigentümer, der demnächst höchst attraktive, großzügige und sehr individuelle Wohnungen zu erstaunlich günstigen Bedingungen auch (aber nicht ausschließlich!) an Lehrerinnen und Lehrer des Colleges vermietet. Schon jetzt ist zu erkennen, dass es wieder eine gelungene Synthese wird aus unverkennbar historischer Bausubstanz und modernem Standard, der auch hohe Anforderungen an ökologisches Bauen erfüllt. Wobei der unübertrefflich größte Beitrag zur Nachhaltigkeit ja eben darin besteht, nicht abzureißen.
Einziger Wermutstropfen: Trotz sehr früher Anmeldung des Wunsches nach einem zumindest kleinen öffentlichen Café auf dem Gelände stehen die Chancen dafür denkbar schlecht. Dabei würde an dieser Stelle des Dreisamtales ein solches Angebot – auch ganz unabhängig vom UWC – sicher bestens angenommen. Traurige Ironie der Geschichte: Das stattliche Gebäude, gerade mal 60 Meter östlich des Meierhofs unmittelbar an der Straße gelegen, war einst das Gasthaus der Kartaus. Heute befindet sich darin eine einzige Wohnung, die des Schulleiters. Für den hätte Herr Sutter im alten/neuen Meierhof sicher auch standesgemäßen Wohnraum geschaffen, wenn dies frühzeitig eingeplant worden wäre.
Bleibt noch zu hoffen, dass es eines nicht allzu fernen Tages gelingen möge, die Gesamtausstrahlung des großen neuen UWC-Ensembles noch durch das Tilgen einer Bausünde aus den 1960er Jahren perfekt zu machen: Das wäre der Abriss des links oberhalb gelegenen „Johannisheims“…
Text und Fotos Helmut Thoma, BV