Aus Freiburgs Archiven
Sie haben richtig gelesen: es gab Ende des 19. Jahrhunderts eine Eisenbahn durch die Hildastraße vom (alten) Wiehrebahnhof zur Risler’schen Knopffabrik; vertraglich war 1888 vereinbart worden, dass die Stadt eine Entschädigung von 5000 M zahlen muss, wenn der Bahnbetrieb zwischen 1898 und 1908 eingestellt werden muss. Es handelte sich um eine Pferdebahn, wo Pferde auf sogenannten Rollbockwagen die Güterbahnwagen per Huckepack auf Parallelgleisen zu den später verlegten Straßenbahngleisen durch die Hilda-/Talstraße zur Knopffabrik zogen. Die Güterwagen einfach per Weiche umzuleiten und von Dampflokomotiven ziehen zu lassen gestattete die Eisenbahnverwaltung nicht. Auf der Spurweite von 1,00 m der Straßenbahn konnten die Eisenbahnwagen mit einer Spurweite von 1,43 m auch nicht fahren, deshalb lagen zwischen 1888 und 1904 tatsächlich zwei parallele Gleise in der Hildastraße zwischen der Urach- und Talstraße.
Zwischen den Gleisen musste immer wieder das Pflaster repariert werden. Im Januar 1900 forderte deshalb das Tiefbauamt von Risler 270,10 M für eine solche Reparatur, weil die Schäden nur zwischen den Gleisen aufgetreten und somit auf den Bahnbetrieb zurückzuführen seien. Risler weigerte sich mit dem Argument, er habe seinerzeit 10 000 M zu den Kosten der Höllentalbahn beigetragen und Gelände im gleichen Wert unentgeltlich an die Stadt abgetreten, um die Erlaubnis zur Herstellung des Anschlussgleises zu erhalten. […] Zudem wären die Kosten für den Straßenunterhalt viel größer, wenn wir sämtliches Material statt auf unserer Bahn per Achse [d. h. mit Fuhrwerken] in die Fabrik beförderten. Die Stadt blieb auf den Kosten sitzen.
1901 wurde eine Straßenbahn von der Loretto- über Urach- und Hildastraße zur Schwabentorbrücke eröffnet; das barg erneut Konfliktpotenzial. Laut Konzessionsvertrag müsste eine elektrische Straßenbahn den Besitzern anderer Bahnen die Benutzung der Straßenbahngleise bis auf eine Länge von 300 m gestatten, was in diesem Fall durch die parallel verlegtenen Gleise nicht notwendig war.
Das E-Werk als für die Straßenbahn verantwortlich meinte, dadurch würde aber ein noch unleidlicher Zustand im Vergleich zum bisherigen entstehen. Falls Risler seine Waren per Achse befördert, u. U. mit Polizeiverordnung durch die Dreikönigstraße, so dürfte dies der Stadt wegen der starken Beanspruchung der Straßen „sehr lästig fallen“. Unserer Ansicht ist der jetzige Zustand immer noch das kleiner Übel. Die Beseitigung des Gleises ist deshalb keineswegs vor 1908 zu verlangen. E. Müllberger blieb im Namen der Straßenbahnkommission skeptisch: Die Gleise der Fa. Risler können nicht auf Dauer neben denen der Straßenbahn benutzt werden. Um aber dem Vorwurf der Industriefeindlichkeit zu begegnen, soll zunächst abgewartet werden, wie sich die Verhältnisse entwickeln. Kommt es zu wesentlichen Schwierigkeiten, dann ist immer noch Zeit, an die Auf- oder Ablösung des Risler‘schen Vertrages zu gehen.
Wesentliche Schwierigkeiten hat es anscheinend nicht gegeben; am 1.3.1902 berichtete das E-Werk den Bürgermeistern: Es gibt keine Klagen über Missstände für den Straßenbahnbetrieb. Am 30.12.1901 durchfuhr jedoch ein Kutscher von Risler „der Verkehrsordnung zuwider unmittelbar vor dem Straßenbahnwagen die Ausweiche in der Hildastrasse“; dies ist wohl auf die Ungeschicklichkeit des Angestellten zurückzuführen und seitdem nicht mehr vorgekommen.
1904 verkaufte die Firma Risler die Gleise an die Gesellschaft Schwarzwälder Erzbergwerke, für das Stichgleis vom Haltpunkt Kapplertal zur Erzwäsche; die Straße wurde auf Rislers Kosten instand gesetzt. (Stadtarchiv Freiburg C3 133/10)
K.-E. Friederich, BV