Aus Freiburgs Archiven
Neben der Kapelle von St. Ottilien steht das Gasthaus als beliebtes Ausflugsziel. Das Gebäude wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, hatte jedoch Vorgänger, die städtisches Eigentum waren und verpachtet wurden. Der jeweilige Wirt betrieb auch Landwirtschaft, die Wiese unterhalb St. Ottilien zeugt davon.
Andreas Thoma hat am 30.10.1801 das Gut für jährlich 400 Gulden (fl) auf zwölf Jahre gepachtet. Das konnte kaum gut gehen, denn bisher betrug die Pacht nur 130 fl. Und tatsächlich, schon im Dezember 1803 war er die Pacht schuldig geblieben und bat die Stadtverwaltung um Pachtermäßigung, was aber abgelehnt wurde: die Stadt habe sich immerhin an Reparaturkosten beteiligt, und außerdem könne er nach § 4 des Pachtvertrags „in keinem Falle wegen eines durch wie immer Namen habenden Unglücksfälle erlittenen Schadens irgend einen Ersatz an das städt. gemeine Gut fordern.“
Damit wollte sich Thoma nicht abfinden, wandte sich am 18.2.1804 an die vorderösterreichische Regierung und beklagte sein wirtschaftliches Elend: Er habe „durch mehrere unglückliche Verhältnisse … während den 2 ersten Jahren durch diesen Bestand“ [Bestand = Pacht] einen Schaden erlitten und bittet deshalb um einen Nachlass des jährlichen Pachtzinses oder um „Vergütung an meinen während 2 Jahren schon erlittenen beträchtlichen Schaden“. Er ließ sich „durch die vortheilhaften Schilderungen, die man mir von dem guten Ertrage der mit dem Ottiliengute verbundenen Feld- und Gastwirthschaft machte, und durch die Hoffnung auf die Rükkehr besserer Zeiten verleiten“, das Gut für einen Pachtzins von jährlich 400 fl zu ersteigern. Zu meiner Pacht kommen noch Steuern, sodass meine jährliche Belastung 562 fl beträgt. Dafür kann ich 5 Jauchert (etwa 1,7 ha) Acker und 6 Jauchert (etwa 2 ha) Matten benutzen und auf dem Gut wirten. Es leuchtet unmittelbar ein, dass der Ackerbau in der „rohen und wilden Berggegend“ nur mit großer Mühe und hohem Kraftaufwand durch Mensch und Vieh „höchst mühseelig betrieben werden mus, und daß auch dann noch die Erzeugnisse dieses Bodens von sehr geringer Quantität und Qualität sind.“ Auf den Matten konnte ich „wegen der während meinen Bestandsjahren eingefallenen anhaltenden Trökkne“ kaum 3 Stück Vieh halten. Im Bestandsbrief ist von „4 Stück Rindvieh, ein Pferd, und 4 Schweine“ die Rede. Weil das Gut eine Stunde von der Stad entlegen ist, so kann ich höchstens 4 Monate mit Gästebesuch rechnen, „weil im Winter Kälte, stürmische Witterung, und der kurze Tag, im Sommer aber die grose Hitze die Leute von einem so entlegenen Spaziergange umso mehr zurückhält, da die vielen in und nahe um die Stadt gelegenen Wirthshäuser denselben jedes Vergnügen auf ein weit bequemere Art darbiethen. Im Frühling und Herbst ist der Besuch zudem witterungsabhängig. Zudem zirkuliert in den gegenwärtigen Zeiten weder bei Fremden noch beim Militär viel Geld; jeder beschränkt sich im Krieg mit seinen Schäden und seinem Arbeitsmangel auf das Notwendigste und muss „seinem Vergnügen Abbruch tun.“ „Obwohl an manchen Festtagen oft mehrere Hundert Wallfahrtspersonen sich in Ottilien einfinden, so kehrt von denselben nicht der 10te Theil ein, um bei mir zu zehren, sondern sie versehen sich mit Lebensmittel selbst, und ziehen nach verrichteter Andacht wieder ab, ohne daß ich von ihnen den geringsten Nutzen habe.“ Ich büße aber in jedem Jahr 100 Taler ein, was in der Pachtzeit von 12 Jahren „bei all meiner Gewerbsamkeit und Häuslichkeit“ zur Einbuße meines Vermögens führt und ich „als ein Bettler mit meiner Familie von dem Ottiliengute abziehen muß.“ Es ist richtig, dass der Magistrat sich an den Reparaturkosten beteiligt hat; andererseits habe ich „viel Mühe und beträchtliche Kosten“ zur Verbesserung und Verschönerung des Ottiliengutes aufgewandt. Beispielsweise habe ich 2 (rund 0,7 ha) Jauchert wildes Feld „mit unsäglicher Mühe“ ausgestockt und ausgesteint. An der Wirtschaft habe ich „nichts gespart …, um dieselbe zum Vergnügen der Gäste einzurichten, und ihnen den Aufenthalt in Ottilien angenehm zu machen.“ Ich weiß, dass ich nach § 4 des Pachtvertrages „kein Ersatz wegen erlittenem Unglük … zu fordern berechtigt bin.“ Trotzdem bitte ich aus Billigkeitsgründen darum.
Staatsarchiv Freiburg A 661/1 Nr. 564
Fortsetzung folgt
K.-E. Friederich