Etliche Kilometer außerhalb der mittelalterlichen Stadt, aber doch nicht in völliger Einsamkeit wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts das Kartäuserkloster unterhalb von St. Ottilien gegründet; der Freiburger Bürgermeister Johann Snewlin der Gresser hat dazu einen namhaften Betrag beigesteuert und den Kartäusern testamentarisch den größten Teil des Erbes vermacht. Ihrer Ordensregel gemäß lebten die Mönche in voneinander getrennten Zellen; aus den anfänglich zwei Zellen wurden nach dem Tod des Stifters fünf und bis zum Ende des Mittelalters zwölf. In seiner Blütezeit ab Anfang des 16. Jahrhunderts unterhielt das Kloster enge Kontakte zur Universität; Professor Gregor Reisch war Prior (Klostervorsteher).
In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Kloster gründlich umgebaut und erhielt im Wesentlichen seine heutige Gestalt. Wenig später, 1782, mussten die Mönche in Folge des Josephinismus (Kaiser Joseph II. duldete nur noch „nützliche“ Klöster) das Kloster verlassen; die Immobilie fiel an den Staat, der sie 1783 an den Präsidenten der Breisgauer Ritterschaft verkaufte: die Kartaus wurde zu einem ländlichen Adelssitz. 100 Jahre später erwarb die Stiftungsverwaltung die Kartaus und baute sie zu einem Alten- und Pflegeheim um. In den 1960er Jahren errichtete die Stiftung einen Neubau als Altenheim, die Kartaus wurde Pflegeheim, das nach dem Jahr 2000 umfangreich hätte saniert werden müssen.
Wirtschaftlich sinnvoller war der Neubau des Hauses Katharina Egg (2008), die Kartaus wurde nur noch als Zwischendepot der Freiburger Museen genutzt.
2012 schloss die Heiliggeistspitalstiftung mit der Robert-Bosch-Stiftung einen Erbpachtvertrag, damit in der Kartaus das UWC Robert Bosch College errichtet werden konnte; es nahm im September 2014 mit 100 Schülern aus aller Welt seinen Betrieb auf; dazu musste die Kartaus gründlich (und denkmalpflegerisch rücksichtsvoll) saniert werden. Hinter ihr wurde das Gebäude für Aula und Mensa versteckt, östlich der Kartaus entstanden Häuser für inzwischen 200 Schüler.
Weitere Bilder und Infos zur Geschichte der Kartaus gibt es im Projekt „Infotafeln in der Oststadt“ auf der Seite Kartause.
Das United World College
Das United World College Freiburg (das erste in Deutschland von insgesamt 18 weltweit) bietet seit 2014 in den umgebauten und erweiterten Gebäuden des ehemaligen Kartäuser-Klosters (so war z.B. die heutige Schulbibliothek früher die Kapelle und davor Speisesaal der Mönche) etwa 200 Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren eine zweijährige internationale Bildung für Frieden und nachhaltige Zukunft. Die Schüler*innen stammen aus mehr als 120 Ländern; z.Zt. sind am UWC Freiburg 64 verschiedene Sprachen vertreten. Es wird nach dem Lehrplan des IB (International Baccalaureate) in Englisch unterrichtet. Dabei steht die gelebte Vielfalt im Zentrum des UWC-Bildungsmodells. Ein besonderer Schwerpunkt wird beim Thema Umwelt gesetzt. Der Standort Freiburg („Green City“) passt dabei ideal zur pädagogischen Ausrichtung der Schule.
Die Auswahl der Schülerinnen geschieht durch regierungsunabhängige Komitees in 160 Ländern der Erde und völlig unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern. Bei Bedarf wird ein Stipendium gewährt. Momentan erhalten 75% der ausgewählten Schülerinnen Vollstipendien (inkl. der Flugtickets). Die Finanzierung erfolgt u.a. durch die Robert-Bosch-Stiftung, in Freiburg auch durch das Land Baden-Württemberg und die Stadt. Diverse Spenderinnen ermöglichen teilweise Stipendien für die Schülerinnen.
Gründer des ersten UWC war 1962 der deutsche Pädagoge Kurt Hahn (1920 Gründer der reformpädagogischen Internatsschule Salem, 1933 Flucht nach Großbritannien). Robert Bosch teilte viele Überzeugungen mit Kurt Hahn, zu dem er eine besondere Verbindung pflegte. Das erklärt auch die teilweise Finanzierung durch die Robert-Bosch-Stiftung.
Weitere Informationen auf der Homepgage des UWC www.uwcrobertboschcollege.de
Die Zeit vergeht und das United World College wurde im Herbst 2024 bereits 10 Jahre alt
Am 28. September hat das UWC sein 10jähriges Bestehen gefeiert – mit einem Tag der Offenen Tür auf dem Gelände und einer Festveranstaltung am Abend im Jazzhaus.
Trotz Regen war der Tag der Offenen Tür überaus gut besucht. Insbesondere die Führungen fanden großen Anklang und waren sehr anregend gestaltet. Überhaupt verbreiteten die Schülerinnen und Schüler eine sehr gute Stimmung. Es entstand der Eindruck, dass die Schule Vielfalt, Verständigung und Nachhaltigkeit verinnerlicht hat und lebt.
In den 10 Jahren haben in Freiburg 886 Schüler:innen aus 132 Ländern ihr Internationales Baccalaureat (gleichwertig dem Abitur) gemacht. Weltweit sind es ca. 70.000 in 18 Schulen, die über alle Kontinente verteilt sind. Dr. Masimbi Kanyaro aus Nigeria, die dank eines Stipendiums eine der frühen Absolventinnen eines UWC war, erzählte in bewegenden Worten, was ihr diese Ausbildung alles ermöglicht hat. Heute ist sie Universitätsdozentin und u.a. Mitglied im internationalen Board. Christian Hodeige, ehemaliger BZ Herausgeber und auch Absolvent eines UWC, führte durch eine vielfältige Versteigerung, deren Erlös hilft Stipendien zu finanzieren. Der Abend wurde moderiert von der neuen Direktorin Helen White, die mit Witz und Charme durch den Abend führte.
Gastfamilienprogramm des UWC
Das UWC in Freiburg auf dem Gelände des alten Kartäuserklosters ist eine besondere schulische Institution. Anlässlich eines Gastelternwochendes (Schüler*innen des UWC verbringen in einem Schuljahr zwei Wochenenden in einer Freiburger Familie) entstand die Idee eines Interviews mit den beiden Gastschülern Amine aus Frankreich und Tanaka aus Zimbabwe.
Wer sich für das Gastelternprogramm interessiert, findet Informationen unter: https://www.uwcrobertboschcollege.de/mitmachen/gastfamilienprogramm/
Interview mit Schülern des United World College
Wie kam es dazu, dass du dich für das UWC -Programm beworben hast?
Amine:
Ich war in meinem letzten Schuljahr in Frankreich. Mein älterer Bruder hatte von diesem Programm gehört. Ich habe mich dann beim französischen UWC-Komitee beworben und wurde tatsächlich angenommen. Und dort wurde entschieden, dass von den weltweit 18 Colleges Freiburg am besten zu mir passt .
Tanaka:
Zuhause in Zimbabwe hatte ich ein erfolgreiches naturwissenschaftliches Projekt entwickelt, mit dem ich Afrika bei einem Wettbewerb in den USA vertreten habe. Ich habe dann von den UWC-Colleges gehört und mich beworben, denn das Lösen von Problemen steht dort mit im Vordergrund.
Was ist für dich besonders wichtig am UWC?
Amine:
Der offizielle Slogan sagt ja, dass das UWC Bildung zu einer Kraft macht, die Menschen, Völker und Kulturen für Frieden und nachhaltige Zukunft vereint.
Tanaka:
Das UWC ist eine ganz einmalige Bildungseinrichtung, wo u.a. experimentelles Lernen und soziale Verantwortung sehr wichtig sind.
Was magst du besonders am UWC? Gibt es besondere Herausforderungen?
Amine:
Das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist wirklich gut. Ich mag auch das Leben auf dem Campus, obwohl es recht anstrengend sein kann. Das Robert-Bosch-College hier in Freiburg hat einen Schwerpunkt beim Thema „Nachhaltigkeit“. Dazu habe ich hier viel gelernt.
Tanaka:
Besonders gefördert werden hier der Gemeinsinn und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Schüler*innen.
Könntest du für unsere Leser einen typischen Tagesablauf am College beschreiben?
Amine:
Ich stehe um 8 Uhr auf, mache mich fertig und gehe zum Frühstück. Der Unterricht geht um 8:30 Uhr los. Von 12:30 Uhr bis 13:45 Uhr ist Mittagspause. Der Unterricht endet um 15:30 Uhr. Danach ist CAS ( Aktivitäten und Dienste). Ich habe meine Kreative Aktivität am Dienstag. Dort werden unter dem Titel „coffee circumflex“ Debatten organisiert. Freitag Nachmittag spiele ich Basketball. Mittwoch Morgen habe ich meinen Dienst. Da kümmere ich mich um die Tiere auf dem Campus. Das Abendessen ist bereits in der Zeit von 17:30 bis 19:00 Uhr. Das ist echt früh! Danach muss ich lernen.
Tanaka(ergänzt):
Meine Tage sind mit akademischen und nichtakademischen Aktivitäten sowie mit sozialen Kontakten zu meinen Mitschüler*innen gefüllt. Das sind sehr bereichernde Erfahrungen für mich.
Welche Fächer stehen auf deinem Stundenplan und wie groß sind deine Klassen?
Amine:
Wir haben sechs verschiedene Bereiche, z.B. Mathematik oder Naturwissenschaften. Wir müssen aus jedem Bereich ein Fach wählen. Ich habe reine und angewandte Mathematik gewählt, außerdem Englisch B, Französisch A, Physik, Chemie und Weltpolitik. Wir sind etwa zehn Schüler pro Klasse, maximal können es 15 werden, z.B. in dem Fach Weltpolitik.
Beide möchten nach dem IB (internationales Abitur) Ingenieur werden.
Was sind deine Erfahrungen mit fast 200 jungen Menschen aus der ganzen Welt, die einen sehr unterschiedlichen religiösen und politischen Hintergrund mitbringen?
Amine:
Ich würde sagen, es ist wie eine Weltreise ohne wirklich zu reisen. Wir entdecken verschiedene Kulturen und Länder. Wir lernen viel voneinander und wir haben sehr interessante Diskussionen.
Tanaka:
Ich habe hier die Gelegenheit, mit anderen jungen Menschen aus ganz unterschiedlichen Regionen dieser Welt zusammen zu kommen und von ihnen zu lernen.
Übersetzung und Zusammenfassung der Antworten: Wolfgang Frucht BV
Weitere Infos zum Gastelternprogramm: https://www.uwcrobertboschcollege.de/mitmachen/gastfamilienprogramm
Interview mit Helen White, der neuen Rektorin des UWC Robert Bosch College
In der Novemberausgabe 2024 des Bürgerblatts haben wir über das zehnjährige Bestehen des College berichtet, wobei Helen White als neue Rektorin (seit Anfang dieses Schuljahrs) „mit Witz und Charme durch den Abend“ geführt hat. Inzwischen stand sie uns zu einem Interview zur Verfügung. Das Interview zum Nachlesen gibt es hier : Interview Dr. Helen White