Die Stadthalle wurde 1954 nach einem Entwurf des Ingenieurs und CDU-Stadtrats Albert Maria Lehr in nur 132 Arbeitstagen erbaut. Sie diente bis ins Jahr 2000 für Messen, Kongresse und Konzerte. Seit 2009 steht sie als Beispiel für die Architektur der 1950er Jahre unter Denkmalschutz. Ihre Entstehungsgeschichte dokumentiert ein Stück Freiburger Stadtgeschichte.
Die Freiburger Stadthalle wurde als Ersatz für die im Zweiten Weltkrieg zerstörte städtische Festhalle, die sich bis dahin im Stadtgarten befunden hatte, geplant. Nach Beseitigung der allergrößten Wohnungsnot und Wiedereröffnung des Stadttheaters war der Ruf nach einem geeigneten Ort für Ausstellungen und kulturelle oder sportliche Großveranstaltungen immer lauter geworden. 1952 nahm sich Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Hoffmann (CDU) der Sache an, auch im Hinblick auf die Jahrestagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ) im September 1954. Am 02.09.1952 erteilte der Stadtrat einen Planungsauftrag.
Zunächst war die Standortfrage zu klären, die in der Öffentlichkeit und im Stadtrat heftig diskutiert wurde: an der alten Stelle im Stadtgarten, an der Dreisam zwischen Wenzinger- und Klarastraße oder auf dem Messplatz an der Schwarzwaldstraße? Für den Messplatz sprachen die Möglichkeit, dem „formlosen Stadtteil ein Gesicht“ geben zu können, die Erschließung durch die Straßenbahn und die ausreichenden Parkmöglichkeiten. Aus finanziellen Gründen musste allerdings der ursprüngliche Plan einer ,großen‘ Festhalle auf dem Messplatz aufgeben werden: Nach Ergebnis des Architektenwettbewerbs übertrafen die Baukosten mit 4 bis 5 Millionen DM (heute nach dem Lebenshaltungsindex 8 bis 10 Millionen Euro) alle Befürchtungen, und auch architektonisch überzeugte keiner der 56 eingereichten Entwürfe. Deshalb wurde die ausgelobte Summe von 20 000 DM gleichmäßig auf zehn zweite Preise verteilt, ein erster Preis wurde nicht vergeben.
Nach der Besichtigung der Stadthallen von Bräunlingen und Bern hatte Stadtrat Albert M. Lehr (CDU) ein Modell gefertigt, das dem Stadtrat wegen der geringen Kosten in Holzbauweise und der Möglichkeit einer raschen Fertigstellung überzeugte. Daraufhin stimmte der Stadtrat am 19.10.1953 dem Bau einer Stadthalle aus Holz auf dem oberen Teil des Messplatzes grundsätzlich zu. Die Kosten wurden inzwischen auf knapp 2 Millionen DM (heute 4 Millionen Euro) geschätzt.
Ende 1953 waren Stadtverwaltung und Gemeinderat zum Ergebnis gekommen, dass Holz für die geplante Stadthalle auf dem Messplatz wegen der Brandschutz-Auflagen und der höheren Unterhaltskosten nicht der geeignete Baustoff sei. Sie votierten für eine Ausführung in Stahlbeton. Im weiteren Verlauf gab es erbitterte Auseinandersetzungen darüber, ob mit Stahlbeton (Hochbauamt) oder mit Stahl (Lehr) gebaut wird; Lehr setzte sich letztendlich durch. Dem Oberbürgermeister sicherte er den Baubeginn 20.03. und die Fertigstellung 08.08. zu. Zwar wurden beide Termine letztlich nicht ganz eingehalten, aber der Bau war pünktlich zum Naturforscherkongress abgeschlossen; nur kleinere Nacharbeiten wurden anschließend erledigt.
Die Stadthalle war im Herbst 1954 nach der Rekordbauzeit von weniger als einem halben Jahr fertig errichtet. Die feierliche Eröffnung fand unmittelbar nach dem Naturforscher-Kongress statt. Abgeschlossen wurden die mehrere Tage währenden Einweihungsfeierlichkeiten durch ein Festkonzert mit Beethovens 9. Symphonie am 24. Oktober.
Wegen des unglaublichen Zeitdrucks während Planung und Bau waren die Kosten nicht mit der sonst üblichen Sorgfalt kontrolliert worden, hinzu kamen nachträgliche Änderungen. Deshalb war ein Nachtragskredit von rund 340 000 DM erforderlich geworden, der im Gemeinderat wieder zu heftigen Diskussionen führte. Debattiert wurde auch über den Namen: „Alemannenhalle“ wurde verworfen, weil es zum alemannischen Wesen gehöre, sich nicht selbstgefällig darzustellen. Auch „Schwarzwaldhalle“ (Karlsruhe hätte nichts dagegen gehabt) oder „Wolfgang-Hoffmann-Halle“ zum Gedenken an den 1956 verstorbenen Oberbürgermeister fanden keinen Anklang; es blieb beim schlichten Namen „Stadthalle“.
In der Folgezeit machte die Stadthalle immer wieder durch Baumängel auf sich aufmerksam. Bereits 1957 wies das mit Rüsit (eine Art Bitumen) gedeckte Dach Schäden auf: Zuweilen blieb es trotz wolkenbruchartiger Regenfälle dicht, ein anderes Mal mussten die Besucher fluchtartig die Halle verlassen. 1965 überschwemmte eindringendes Regenwasser die Bühne und Teile des Saals und musste in hunderten von Eimern ausgeschöpft und von Hand herausgetragen werden; an den ausgestellten Teppichen entstand ein Schaden von über 500 000 DM (nach heutigen Preisen rund 1 Million Euro). In einem anderen Fall mussten die Künstler gebeten werden, nicht in der Nähe der Tropfstellen zu stehen, weil sonst die Scheinwerfer den herabtropfenden Regen sichtbar machten. Fazit: Bis Juni 1958 hatte es innerhalb von 18 Monaten 18 Reparaturen an 31 Stellen gegeben; von 1959 bis 1962 in 30 Monaten 32 Reparaturen an 57 Stellen! Daher entschied man sich 1967 für eine Eindeckung aus Aluminium, zu Kosten von über 200 000 DM. Danach gab es keine größeren Probleme mehr.
Mit dem Bau der neuen Messe im Westen Freiburgs endet im Jahr 2000 die Geschichte der Stadthalle in ihrer ursprünglichen Funktion. 2008 bis 2015 erfolgte eine Zwischennutzung als Universitätsbibliothek, während diese an ihrem ursprünglichen Standort in der Innenstadt neu gebaut wurde. Nach Auszug der Bibliothek diente die Stadthalle 2015 bis 2016 als Einrichtung zur Erstaufnahme von Flüchtlingen. Aktuell steht sie leer, ihr weiteres Schicksal ist ungewiss.
Literatur
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 1: „Wir brauchen wieder eine Stadthalle“, in: Bürgerblatt, Februar 2011, S. 4. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL_159_2011_02.pdf [09.08.2018].
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 2: Der Baubeschluss, in: Bürgerblatt, April 2011, S. 4. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL_161_2011_04.pdf [09.08.2018].
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 3: Die Bauarbeiten, in: Bürgerblatt, Juni 2011, S. 4. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL_163_2011_06.pdf [09.08.2018].
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 4: Mehrkosten, Kinderkrankheiten und großes Lob, in: Bürgerblatt, September 2011, S. 4. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL_166_2011_09.pdf [09.08.2018].
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 5: Richtfest und Einweihung, in: Bürgerblatt, Oktober 2011, S. 6. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL_167_2011_10.pdf [09.08.2018].
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 6: Streit ums Geld, in: Bürgerblatt, Dezember 2011, S.6. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL_167_2011_12.pdf [09.08.2018].
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 7: Das undichte Dach, in: Bürgerblatt, Februar 2012, S. 8. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL_171_2012_02.pdf [09.08.2018].
Friederich, Karl-Ernst: Unsere Stadthalle, Teil 8: Der Prozess, in: Bürgerblatt, April 2012, S. 4. Verfügbar unter: https://oberwiehre-waldsee.de/BBL/BBL12-04.pdf [09.08.2018].
Karl-Ernst Friederich, Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee e.V., und Miriam Sénécheau, Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg 2019