Schwarzwaldhof

Ursprünglich war dieser Ort in der Wiehre ein Lagerplatz für Holz gewesen. Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts wurden dort dann die Fertigungsgebäude der 1847 von Jeremias Risler gegründeten Porzellanknopffabrik, einer der wichtigsten Freiburger Industriebetriebe, errichtet.

1910 und 1927 erfolgte eine Verlegung der Produktion bzw. des Firmensitzes nach Herzogenrath bei Aachen. Bis 1954/55 produzierten auf dem Gelände die Süddeutschen Isolatorenwerke.

Nach der Schließung der Fabrik entwickelte sich, teilweise unter Nutzung der alten Fabrikgebäude, ein kleines Wohn- und Gewerbegebiet an der Stelle. In den 1970er Jahren wurde auch die Wiehre Schauplatz der Auseinandersetzungen über die Stadtentwicklung, insbesondere zur Wohnungspolitik der Stadt. Unter dem Titel „Freiburg am Vorabend der Expansion“ setzte die Stadtverwaltung an, Freiburg in funktionale Zonen aufzuteilen. Stichwort war die „soziale Entmischung“ der Innenstadt und des Altstadtgürtels. Zwischen 1974 und 1976 wurden in Freiburg einige Häuser von Demonstranten besetzt und unter großem Polizeiaufgebot wieder geräumt. Die ganze Stadt diskutierte nun über die Wohnungspolitik und Stadtentwicklung.

Polizeieinsatz am Schwarzwaldhof, 5. März 1981.
Staatsarchiv Freiburg W 140 Nr. 08636.
Fotografin: Marlis Decker.
Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-794634-1
Polizeieinsatz am Schwarzwaldhof, 5. März 1981.
Staatsarchiv Freiburg W 140 Nr. 08637.
Fotografin: Marlis Decker.
Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-794635-1
Polizeieinsatz am Schwarzwaldhof, 5. März 1981.
Staatsarchiv Freiburg W 140 Nr. 08639.
Fotografin: Marlis Decker.
Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-794637-1

Im Juni 1980 besetzten über 100 Menschen den Schwarzwaldhof, darunter Hippies, Studenten, Jobber und Punks. Es entstand eine kleine „Kommune“ und es wuchsen gutnachbarschaftliche Beziehungen. Die Räumung erfolgte im März 1981. Landespolizeipräsident Alfred Stümper behauptete, unter den Hausbesetzern seien Mitglieder oder zumindest Sympathisanten der RAF. Über 100 Menschen wurden festgenommen und tage- bis wochenlang festgehalten. Es gab Dutzende Verletzte und es folgten einige Prozesse. Freiburg erlebte nun eine noch größere Demonstrationswelle: Rund 20 000 Menschen waren auf der Straße, um gegen den massiven und brutalen Polizeieinsatz zu protestieren. Danach ebbte die Bewegung ab.

An der Stelle der 1980 abgerissenen Fabrikgebäude stehen heute Wohnbauten.

Literatur

Dokumentationsgruppe Dreisameck: Daß der Tod uns lebendig findet und das Leben uns nicht tot! : Dokumentation zum Dreisameck mit Fotos, Texten und Flugblättern. Die Geschichte der KaJo, der Schreiberstrasse und der Räumung. Freiburg: Dokumentationsgruppe Dreisameck, 1980.

Frey, Gerhard; Schönberg, Volkhart; Viethen, Maria: Der Kampf um die Häuser, aus: Oertel, Thomas; Winkler, Klaus: Die Wiehre – Ein Almanach. Freiburg: Kehrer, 1999.

Wir danken Volkhart Schönberg und Maria Viethen für Informationen.

Daniel Mannhardt, Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg 2019