Geschichte

Der Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee-Oberau e.V.

Als im Jahre 1875 der rührige Architekt, Bauunternehmer und Stadtrat Karl Walterspiel den Bürgerverein „Wiehre“ gründete, den ältesten aller Bürger-, Lokal- und Ortsvereine Freiburgs, geschah dies in einer Zeit, als die Stadt Freiburg neue Baugebiete erschließen musste. Der Blick der Stadtväter in die Wiehre wurde von deren Einwohnern mit einem gewissen Misstrauen begleitet. Dies erkennend hatte Walterspiel mit dem Bürgerverein eine Interessengemeinschaft ins Leben gerufen, die stark genug war, den Begehrlichkeiten der Stadt politisch entgegenzutreten oder sie in eine bestimmte Richtung lenken zu können.

Karl Walterspiel hatte sich 26 Jahre intensiv für „seine Wiehre“ eingesetzt, was ihm die Bürgerschaft durch die Ernennung zum „Ritter des Zähringer-Löwen-Ordens“ dankte. Unter seinem Vorsitz entwickelte sich der Bürgerverein zu einer schlagkräftigen Interessenvertretung, zählte schon zu jener Zeit über 260 Mitglieder und genoss ein beachtliches Ansehen in der Stadt. Nach seinem Vorbild entstanden in Freiburg zahlreiche weitere Lokalvereine, so 1892 im Stühlinger, 1899 in Herdern, 1907 in der Nordstadt, 1908 in der Oberstadt und 1909 in Haslach.

Auf Walterspiel, der den Bürgerverein bis 1901 leitete, folgte der Privatier F.X. Isele. Im Jahre 1905 teilte sich der Bürgerverein „Wiehre“ aufgrund der großflächig fortgeschrittenen Bebauung der Wiehre bis weit nach Osten in die beiden Bürgervereine „Mittel- und Unterwiehre“ und „Oberwiehre-Waldsee“. Die Jahre bis zum 2. Weltkrieg liegen weitestgehend im Dunkeln.

Bekannt ist, dass der Bürgerverein 1937 wie die anderen bürgerschaftlichen Interessensvertretungen aufgehoben wurde. Nach den Wirren des 2. Weltkriegs war das Interesse am politisch und gesellschaft-ichen Engagement im Verein nicht mehr so groß wie zuvor. Nur wenig ist auch von dieser Zeit überliefert. Aus den vorliegenden Archiven ist aber ersichtlich, dass bis 1965 Wilhelm Eschle den Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee-Oberau geleitet hatte, während Dr. Franz Kaiser dem des Bürgervereins Mittel- und Unterwiehre vorstand.

1965 schlossen sich die beiden Wiehremer Bürgervereine unter ihrem alten bzw. neuen Vorsitzenden Wilhelm Eschle, der zugleich auch Stadtrat war, wieder zusammen, dem als zusätzlichen Vorsitzenden Ernst Wiesbrock aus der Unterwiehre zur Seite stand. Nur vier Jahre später, im Herbst 1969 gingen sie wieder getrennte Wege.

Wilhelm Eschle hatte die Geschicke des Bürgervereins Oberwiehre-Waldsee-Oberau bis zu seinem Tode gelenkt. 1980 folgte der Museumsleiter Gerd Biegel, der sieben Jahre lang dem Bürgerverein vorstand, gefolgt von dem Leiter des Museums für Stadtgeschichte Peter Kalchthaler, der wiederum bis 1993 das Amt des Vorsitzenden inne hatte. Die Auseinandersetzung um den Bau der B 31 Ost neu wirkte sich lähmend auf den Bürgerverein aus. Der einstmals beispielgebende und in hohem Ansehen stehende Verein hatte im Jahre 1992 gerade einmal 73 Mitglieder.

Von 1993 an hatte Thomas Oertel den Vorsitz inne. Unter seiner Führung wuchs der Bürgerverein nicht nur hinsichtlich der Mitgliederzahl, sondern auch an Ansehen in den östliche Stadtteilen und in der Gesamtstadt. Der Bürgerverein versteht sich seit Amtsantritt von Oertel als ein sehr politisch orientierter und agierender Verein. So war er für die Stadtverwaltung ein wichtiger Ansprechpartner bei stadtplanerischen und verkehrspolitischen Fragen wie beispielsweise der Messplatzbebauung und bei zahlreichen Bauvorhaben, die im Zusammenhang mit dem Bau der B 31 Ost standen. Aber auch seine traditionsreichen Neujahrsempfänge, der Dreisamhock seit 1999, die vielen Stadtteilführungen und andere Bildungsangebote und nicht zuletzt die monatliche Herausgabe der Stadtteilzeitung „DAS BÜRGERBLATT“ spiegeln eine breit gefächerte, kontinuierliche Arbeit wieder, die in der Bevölkerung großen Zuspruch erfährt.

Von April 2005 bis Februar 2009 führt Frau Heidrun Sieß den Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee-Oberau. Unter ihrer Leitung gelang der Aufbau eines Teams und die Verteilung der vielfältigen Aufgaben des Bürgervereins auf mehrere Schultern; dies machte sich besonders im Jubiläumsjahr 2008, als das 1000jährige Bestehen der Wiehre gefeiert wurde, bezahlt.

Im Februar 2009 übernahm Karl-Ernst Friederich den Vorsitz des Bürgervereins. In den sechs Jahren seiner Amtszeit begleitete der Bürgerverein kritisch-konstruktiv den Bau des Ensemblehauses und des UWC Robert Bosch Colleges, die Sanierung der Schwarzwaldstraße mit der Anlage eines eigenen Bahnkörpers für die Stadtbahn zwischen den Stadtteilen Oberau und Oberwiehre sowie die Renaturierung der Dreisam, vorbereitet durch einen Runden Tisch mit möglichst vielen Interessenten. Eine Bürgerreise führte über Budapest nach Lemberg (Lviv), unsre Partnerstadt in der Ukraine. Die lange Zeit unerträgliche Verkehrssituation bei den Bundesligaspielen des SC Freiburg konnte im Interesse der betroffenen Anwohner entschärft werden. Der Naturschutz um den Waldsee mit Konrad-Guenther-Park, den Hirzberg und die Kartauswiesen wurden mehrfach in der Öffentlichkeit und bei den zuständigen Behörden vertreten. Ungelöst blieben die Zukunft der Stadthalle und die Nutzung des Westflügels des Lycée Turenne. Es war die damalige feste Überzeugung des Bürgervereins, dass nur der Stadttunnel als Fortsetzung des Schützenalleetunnels den Verkehr halbwegs erträglich durch die Stadt führen kann, nachdem die Schwarzwaldautobahn zum Glück mit Rücksicht auf die Umwelt gescheitert war.

Am 10. März 2015 übernahm Hans Lehmann von Karl-Ernst Friederich den Bürgerverein als Vorsitzender. In seine Zeit fällt das überragende Engagement des BV für Flüchtlinge, die 2015 in großer Zahl Zuflucht in Deutschland suchten. Freiburg musste auf einen Schlag mehr als 1000 Geflüchtete versorgen, 450 davon lebten zeitweilig in der Stadthalle mitten im Herzen unseres Bürgerverein Gebiets. Als Anerkennung wurde der Bürgerverein von der Stadt mit dem Ehrenamtspreis 2016 gewürdigt. Auch Hans Lehmann war ein klarer Verfechter der Realisierung des Stadttunnels, aber gleichzeitig setzte sich der Bürgerverein vehement für die sofortige Umsetzung eines Durchfahrtverbots für den LKW- Transitverkehr über 7,5 Tonnen ein. Bis heute stehen Stadt und Regierungspräsidium dem ablehnend gegenüber, obwohl eine mögliche Fertigstellung des Stadttunnels mittlerweile frühestens 2045 erwartet wird. Mit Unterstützung des BV wurde der Abriss des historischen Meierhof aus dem Jahr 1745 verhindert. Der sensible Um- und Ausbau schuf 12 Wohneinheiten mit einem unvergleichlichen Flair. In der Zeit von Karl-Ernst Friederich wurde das von der Stadt mit Finanzmitteln ausgestattete Projekt Stadtteilentwicklung „STELL“ inhaltlich erarbeitet, die Umsetzung der Projekte erfolgte zwischen 2018-2021. Die großzügige finanzielle Ausstattung ermöglichte es Infotafeln an historisch wichtigen Gebäuden unseres Stadtteils anzubringen, Zusatzmüllbehälter an der renaturierten Dreisam anzuschaffen, Ausstellungen zur Vision eines Dreisam-Boulevard durch studentische Architekturwettbewerbe zu initiieren (2017 und 2020), einen Tag der Energie durchzuführen und die Finanzierung der noch fehlenden 4 Ruhebänke an der Dreisam zu ermöglichen Die ersten acht der mit der Renaturierung verloren gegangenen Ruhebänke auf der nördlichen Dreisamseite wurden durch eine Spendenaktion des Bürgervereins ermöglicht.

Seit dem Juli 2021 leitet Beatrix Tappeser den Bürgerverein und ihr werden die Themen nicht ausgehen, alte wie neu hinzukommende.