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Der Tod von Maria L.

Wir können uns nicht erinnern, dass jemals ein Ereignis aus unserem Stadtteil landesweit so viel Aufsehen erregt hat. Wir können es deshalb nicht schweigend übergehen, wollen aber den zahlreichen Äußerungen nicht eine weitere zufügen, sondern beschränken uns auf den Nachdruck des Leitartikels der Badischen Zeitung vom 6. Dezember, wozu uns Thomas Hauser dankenswerterweise die Zustimmung gegeben hat:

„Das Ganze ist ein Alptraum. Und er ist noch nicht vorbei. Eine Studentin wird vergewaltigt und getötet. Der wahrscheinliche Täter ist ein Flüchtling aus Afghanistan, das Opfer hatte sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert. In die Erleichterung darüber, dass die Polizei den dringend Tatverdächtigen festnehmen konnte, mischen sich Fassungslosigkeit und Wut, die sich insbesondere in den digitalen Netzwerken Gehör verschaffen. Dort hat man es schließlich schon immer gewusst: Die Flüchtlinge, die Angela Merkels vorübergehende Grenzöffnung zu Hunderttausenden ins Land ließ, bringen nicht nur fremde Kulturen mit sondern auch Gewalt, Terror und Kriminalität.

Der Vorwurf ist kaum zu widerlegen: Hätte man den jungen Mann nicht einreisen lassen, die Studentin wäre noch am Leben. Auch wenn es einen zum Widerspruch drängt, sollte man dieser Versuchung widerstehen.

Fassungslosigkeit, Wut und Angst sind verständliche Reaktionen auf eine unverständliche Tat. Wer verzweifelt ist, dessen Worte sollte man nicht auf die Goldwaage legen. Und wer angesichts dieses tragischen Tods eines unschuldigen Mädchens nicht verzweifelt, hat kein Herz. Aber diese Trauer sollte uns nicht blind dafür machen, dass Gruppen unterwegs sind, die von diesem Leid profitieren wollen – nicht nur im Internet. Deren Urteil ist schon gefällt, bevor wir überhaupt wissen, was sich wirklich zugetragen hat.

Unsere Wut dürfen die nicht bekommen. Sie wollen sie doch nur in zerstörerische Energie umwandeln. Besser wäre es, sie konstruktiv zu nutzen. Zum Beispiel, um daran zu arbeiten, dass ein solcher Alptraum künftig noch seltener geschieht. Um dafür die richtigen Schlüsse ziehen zu können, muss die Tat aber möglichst lückenlos aufgeklärt werden. Zu vieles liegt da noch im Dunkeln, um seriöse Schlüsse ziehen zu können.

Gönnen wir denen in der AfD und rechts davon ihr schäbiges Schulterklopfen. Ja, sie haben es kommen sehen, aber was haben sie anzubieten neben Schwarzmalerei, Schuldzuweisungen und apokalyptischen Prophezeiungen? In einer Gesellschaft, die sich von Mördern unterwandert wähnt, misstraut am Ende jeder jedem. Sie wird anfällig für Pauschalurteile und pauschale Verdächtigungen. Aus Lügen und Halbwahrheiten lässt sich dann leicht eine Pogromstimmung schüren. Ansätze für eine solche Entwicklung kann man derzeit bereits in den digitalen Netzwerken besichtigen. Das dürfen wir nicht zulassen.

Gehen wir auch der einen Polizeigewerkschaft nicht auf den Leim, wenn sie uns glauben machen will, die Polizei hätte Marias Tod verhindern können, wenn die Politik besser vorbereitet gewesen wäre. Selbst bei einer deutlich dichteren Polizeipräsenz wäre die Studentin in jener Nacht nicht von Polizisten nach Hause begleitet worden. Es sei denn, es hätte konkrete Hinweise gegeben. Die aber gab es nicht, nach allem, was wir wissen. Verhängnisvoll auch, dass sich Politik, Medien und Netzwerke ein immer kurzatmigeres Wettrennen um die schnellste Einschätzung liefern. Wichtig ist nicht mehr, was jemand sagt, sondern dass er es als Erster sagt. Dies fördert eine gefährliche Gemengelage aus Hysterie, Besserwisserei und Abwiegelung. Am Ende verlieren alle an Glaubwürdigkeit.

Eine offene Gesellschaft beweist sich nicht bei schönem Wetter, sondern dann, wenn sie bedroht wird – von außen, wie von innen. Erst dann zeigt sich, ob ihre Werte tragen und ob sie diese selbst wirklich ernst nimmt. Die Familie der toten Studentin hat hier ein Zeichen gesetzt, indem sie ihre Trauer nicht zu Hass werden ließ, sondern um Spenden für die Hilfsorganisation bat, in der Maria sich für Flüchtlinge eingesetzt hat. Südbaden sollte trauern und wütend sein, aber dieses Beispiel nicht vergessen.“

Die Arbeit des Bürgervereins und der zahlreichen Helfer mit den Geflüchteten geht weiter, wir sehen keine Alternative.