Vom Aschenputtel zum schönen Schwan

Der Meierhof auf dem Kartausgelände ist saniert, die ersten Bewohner sind eingezogen.

Fährt man die Kartäuserstraße Richtung Osten und passiert den von rechts einmündenden Sandfangweg, sieht man ihn hinter der nächsten Straßenbiegung liegen, den das Gesamtbild des Kartäuserkloster-Geländes prägenden Bauernhof, den letzten seiner Art in Freiburg namens Meierhof.

Süd-West Blick Foto: Johannes Meger.
„Gewölbe-Wohnung“ mit Feinsand gestrahltem historischen Putz. Foto: Johannes Meger.
Denkmal und Moderne im Einklang Foto: Johannes Meger.

Foto: Johannes Meger.

Mit sieben Artikeln während der letzten sechs Jahre in unserem Bürgerblatt war er nicht nur besonders häufig, sondern er bereitete uns auch besonders viele Sorgen. Überschriften wie: „Beerdigung erster Klasse“, „Der Meierhof wird Opfer eines fatalen Fachgutachtens“ oder „Es sind der Schwüre zu viele“ oder auch „Hoffnungsschimmer am Horizont“, bis dann im November 2017 Überschrift zu lesen war „Der Meierhof auf dem Kartaus-Gelände ist definitiv gerettet“.

Ursache des Wechselbades der Gefühle war die Nachricht der Robert-Bosch-Stiftung, der neuen Besitzerin des Kartausgeländes, von Mitte 2015: eine Bestandsuntersuchung unter der Federführung eines der führenden Freiburger Architekturbüros in Zusammenarbeit mit Tragwerksplanern, Vermessern, Bauforschern, Schadstoffforschern und Mineralogen sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bausubstanz, ob Mauerwerk oder Holz, so marode sei, dass sich eine Sanierung aus Sicht des Denkmalschutzes und der Bauherren nicht mehr lohne. Eine niederschmetternde Nachricht, der wir nach persönlicher Inaugenscheinnahme sofort widersprochen haben. Unterstützt wurden wir durch stetig zunehmende und immer lauter an uns herangetragenen Forderungen aus der Bürgerschaft, alles zu unternehmen, um den Meierhof zu erhalten. Nach einer weiteren Begehung mit Baufachleuten aus unserem Bürgerverein war klar, dass das Gutachten zwar eine Menge von Fachausdrücken wimmelnde Aussagen enthielt, die jedoch nichts mit der vorgefundenen Realität zu tun hatten.

Nichts zu lesen war von möglichen, statisch stützenden Additiv-Konstruktionen, wie sie z. B. bei der herausragend gelungenen Sanierung der Rainhof-Scheune am Ortseingang von Burg-Birkenhof angewandt wurden. Auch dort wurde zunächst nur von Abriss gesprochen, bis der Planer und Sanierer Willi Sutter zusammen mit seinem Architekturbüro eine Sanierung durchführte, die heute ein Vorzeigeobjekt des Landes-Denkmalschutzes ist. 

Deshalb nahm der Bürgerverein Anfang Juli 2015 Kontakt mit Willi Sutter auf und staunte nicht schlecht, dass auch andere zu ihm Kontakt wegen des Meierhofs aufgenommen hatten. Zu unserer Freude öffnet auch die Robert-Bosch-Stiftung die Türen für diesen erwiesenen „Erhaltungs-Sanierer“. Im Dezember 2016 legte Sutter ein detailliertes Konzept zur Sanierung und Erhaltung des Baudenkmals vor; dies rettete den Meierhof. Inzwischen war auch die Stadtverwaltung zur Einsicht gelangt, dass es sich beim Meierhof um ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung handelt, dass es zu erhalten gilt.

Nach rund 18 Monaten Bauzeit konnten nun kurz vor Weihnachten 2020 zwölf Wohnungen zwischen 60 und 125 m² an die neuen Nutzer*innen übergeben werden. Bei der Einweihung erinnerten die vier Geschäftsführer der eigens für die Sanierung gegründeten Meierhof GbR mit Willi Sutter, Axel Bürk, Oliver Hug und Daniel Steiger an die großen Schwierigkeiten, einen gemeinsamen Nenner zwischen Nutzerbelangen, Baurecht, Denkmalschutz, Baukonstruktion sowie der notwendigen Wirtschaftlichkeit zu finden. Dies gelang, weil ausschließlich regionale Handwerksfirmen mit großer Erfahrung in der Sanierung denkmalgeschützter Gebäude Aufträge erhielten. So wurde schließlich ein guter Kompromiss zwischen allen Anforderungen gefunden und umgesetzt.

Jetzt blickt der Meierhof auf eine gesicherte Zukunft. Die Bewohner*innen freuen sich auf die neuen lichtdurchfluteten Wohnungen mit dem energetischen Standard „KfW-Effizienzhaus Denkmal“. Dazu kommt der einmalige Charakter der Räume, wie man ihn nur im historischen Bestand erzielen kann. Die Bewohner können beinahe an jeder Ecke die ursprüngliche Nutzung und Baugeschichte des Meierhofes ablesen. Der Meierhof sendet damit ein deutliches Signal, dass alte Gebäude auch unter schwierigsten Bedingungen als Denkmal erhalten werden können, sofern alle Beteiligten dies wollen und an einem Strang ziehen.

Nun gilt es zu gratulieren und der Meierhof GbR um Willi Sutter Dank zu sagen, Dank für den Erhalt eines Baujuwels, dessen Ursprung auf das Jahr 1745 zurückführt, das 270 Jahre später beinahe Opfer eines „Fach-Gutachtens“ geworden wäre.

Wie gut, dass wir vom Bürgerverein unser Scherfchen dazu beitragen konnten, gut auch, dass wir die Erkenntnis gewonnen haben, dass sich manches Mal hinter einem „Fach-Gutachten“ ein „Fake- Gutachten“ verbirgt, dass es zu entlarven gilt. Nicht weit vom Meierhof entfernt liegt die alte Stadthalle Freiburg. Auch dort wurde ein Fach-Gutachten eingeholt. Wir sind auf der Hut.

Hans Lehmann, BV