Stiftungsdirektorin Marianne Haardt als Gast beim Bürgerverein

Seit Juli 2016 ist Marianne Haardt neue Stiftungsdirektorin der sechs kommunalen Stiftungen der Stadt Freiburg. Sie löste Lothar A. Böhler ab, der 24 Jahren die Geschäfte der Stiftungen leitete. Diese gehören mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Jahresetat von rund 62 Millionen Euro zu den größten und ältesten kommunalen Stiftungen Deutschlands und stellen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor der Stadt Freiburg dar. Frau Haardt eröffnete Ihre Besuchsrede mit den Worten: „Bei uns steht seit Jahrhunderten der Mensch im Mittelpunkt“. Als eine ihrer wesentlichen Aufgaben sieht sie den jeweiligen Stifterwillen in die heutige Zeit zu übersetzen, dabei die aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, ohne jedoch den Willen der Stifterinnen und Stifter im Kern zu verletzten. Die Erträge des Stiftungsvermögens in Form von Grundstücken, Gebäuden, Wertpapieren, Finanzanlagen, Beteiligungen und Kunstgegenständen ist laut Satzung und Stiftungsgesetz des Landes Baden-Württemberg zu erhalten, um den Stiftungszweck dauerhaft erfüllen zu können.

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Es darf nicht verbraucht werden und ist vorwiegend für soziale Zwecke zu verwenden. In ihren Ausführungen kam sie auf die schleichende Armut ganzer Bevölkerungsschichten zu sprechen und betonte, dass Armut viele Facetten hat. Früher ging es in erster Linie um materielle Bedürftigkeit. Heute fassen wir den Begriff weiter. Ist der Zugang zu kultureller und gesellschaftlicher Teilhabe sowie Bildung für jemanden eingeschränkt, ist das auch Armut“, sagt sie und ergänzt: „Schön, dass es zum Beispiel den Armenfonds der Waisenhausstiftung gibt.“ Dieser Fonds war früher eine tragende Säule des städtischen Fürsorgewesens. Heute vergibt der Armenfonds sowohl Einzelhilfen für Freiburger Bürgerinnen und Bürger als auch Projektgelder an Gruppen und Initiativen, die den individuellen und gesellschaftlichen Folgen von Armut in der Stadt entgegenwirken. Da sich unsere Bürgervereins-Tagungsstätte im Laubenhof ebenfalls in einem Stiftungsverwaltungs-Gebäude befindet, ging Frau Haardt speziell auf die Heiliggeistspitalstiftung ein, der größten der kommunalen Stiftungen und einer der wichtigen Träger der Altenhilfe in Freiburg mit einer über 760-jährigen Geschichte. Über 400 Mitarbeitende kümmern sich täglich um rund 1.000 ältere Menschen. Alle Angebote und Einrichtungen haben das Ziel, alternden Menschen ein würdevolles und möglichst eigenständiges Leben zu ermöglichen. Die Altenhilfe steht bundesweit vor großen Herausforderungen. Demografischer Wandel, steigende Kosten und Fachkräftemangel fordern neue Konzepte. Neben der Unterstützung durch die Familie gewinnen in der Altenhilfe nachbarschaftliche Solidarität und soziale Vernetzung zunehmend an Bedeutung. Mit dem Ansatz der Sozialraumorientierung trägt die Stiftung dem bereits Rechnung. Frau Haardt möchte diesen Ansatz stärker vorantreiben. „Alte Menschen wollen so lange als möglich zu Hause leben. Wir können diesen Wunsch durch unser gesamtes Dienstleistungsportfolio ermöglichen. Und wir werden zukünftig unsere Dienste, Angehörige und Ehrenamtliche im Stadtteil noch besser vernetzen.“
Mit diesen Angeboten reagiert die Stiftung auch auf das Pflegestärkungsgesetz, das die ambulante Betreuung zu Beginn des kommenden Jahres stärker fördert. Anschließend ging sie auf die Stiftungsverwaltung Kinder- und Jugendhilfe mit einer ebenfalls breiten Angebotspalette ein. Sie sieht die Stiftung flexibel aufgestellt, von den Inobhutnahmen für Mädchen, über Wohngruppen bis hin zu Bildung und Ausbildung. Eine Herausforderung sieht sie in der zunehmenden psychischen Instabilität der Jugendlichen. Gewalt- und Missbrauchserfahrungen sowie fehlende familiäre Sicherheit führten verstärkt zu psychiatrischer Behandlung. Es braucht mehr passende Angebote, um Kindern und Jugendlichen einen Schutzraum und einen verlässlichen Rahmen für ihre Entwicklung zu bieten, dafür will sich die Stiftungsdirektorin verstärkt einsetzen. Ebenfalls verstärkt will sie die Arbeit der kommunalen Stiftungen in Freiburg einer breiteren Öffentlichkeit näher bringen. Sie resümierte: „Wir ermöglichen ein würdevolles Altern, fördern Kinder- und Jugendliche, vergeben jährlich 200.000 Euro Stipendiengelder und unterstützen mit dem Armenfonds bedürftige Bürgerinnen und Bürger“. Ein großer Dank ging an den Bürgerverein Oberwiehre-Waldsee für die jahrelange hervorragende Zusammenarbeit insbesondere im Bereich der „Quartiers- Seniorenarbeit“. Stellvertretend für den Bürgerverein wurden hierbei an die Vorstandsmitglieder Christa Schmidt, Constanze Fetzner und vor allem Wilfried Nagel genannt. Der Bürgerverein wünschte Frau Haardt viel „Fortune und Standvermögen“ für Ihre herausfordernde Arbeit und gab Ihr zum Schluss noch ein Herzensanliegen mit: Der stiftungseigene Meierhof auf dem Kartaus-Gelände muss erhalten bleiben. Frau Haardt gab eine Bemühungszusage.